Die Gitarren? Liegen weit entfernt von ihren eigentlichen Ständern irgendwo auf dem Bühneboden.
Der Boden an sich ist über und über mit goldenem Glitzerkonfetti übersät. Glitzerkonfetti! Im Pitcher!! Das Schlagzeug? Daran klebt der Glitter an Resten von Flüssigkeiten verschiedenster Herkunft. Vor der Bühne? 150 Freunde dunkler Kleidung und wunderbar altmodisch zurechtgezimmertem Hardrock. Die Luft ist dick, die Ohren dröhnen. Die Leute jubeln, alle lächeln. So. Genau so hinterlässt man eine Bühne: Die drei, die an diesem Spektakel im ausverkauften Pitcher Schuld tragen, ziehen sich verschwitzt und ebenso lächelnd in das winzige Backstage-Eckchen zurück, bevor sie dann die lange Schlange am Merchandising-Stand freundlich abarbeiten. Freundlich abgearbeitet haben Óskar Logi, Alexander Örn und Stefán Ari zuvor schon ihre gut zwei Stunden dauernde Setlist aus schwerem Blues, sexy Riffs und kranken Prog-Rhythmuswechseln. Zu Gehör bringen die Männer aus dem Eis unter anderem Babylon, Craving, Shaken Beliefs, Let Me Be, Monolith, Last Day Of Light, Expand Your Mind, Winter Queen, Cocaine Sally, Carousel und das wunderbar paranoide (sic!) Midnight Meditation. An Paul Kossoffs 40. Todestag einer Band zuzusehen, deren Gitarrist vielleicht einen ganz anderen Stil verfolgt, aber die Mimik des großen Free-Gitarristen erstaunlich ähnlich nachbildet und zudem noch ganz fein singen kann, erklärt, warum The Vintage Caravan das Pitcher ratzfatz ausverkaufen und sogar einen Zusatztermin anberaumen müssen. Musik, die weit älter ist, als die drei Jungs aus Island, vollgespickt mit bösen Akkordverschiebungen von Black Sabbath, verschwitze Melodie-Riffs von Deep Purple und klassische Drumfills von Led Zeppelin und Kiss zelebrieren Vintage Caravan vorzüglich an diesem Abend. In jedem Song stecken mindestens 800 Assoziationen an andere Songs und Bands. Ein herrliches Bad in erfrischend neu interpretierten alten Songelementen. Im Gesamtbild erinnert das an die völlig zu Unrecht vergessenen Captain Beyond, einem Purple-Ableger der frühen 70er. Überdies wird das Konzert eingeleitet von AC/DC’s „It’s a long way to the top if you wanna Rock’n’Roll“. Nur weiter so, dann ist der Weg gar nicht mehr so lang. Und alle, die Vintage Caravan dann im Pitcher gesehen haben, können später großväterlich prahlen, sie hätten die schon gesehen als die noch in ganz kleinen… Jaja. Fliegende Haare, Hipster-Bärte, Paisley-Hemden und schreiende Gitarren. Andere mögen Vintage Caravan als Epigonen-Band einsortieren. Wir finden es zu schön, dass die jungen Leute sowas heute noch können.
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Der Popwart
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