Mal wieder schaut Kaya Yanar auf einen Sprung in Düsseldorf vorbei, um sich in der Tonhalle von seinem internationalen Publikum feiern zu lassen. Viele verschiedene Nationalitäten sind an diesem Abend zugegen, und sie alle bekommen von dem stets freundlich grinsenden Kaya ihr Fett weg. Der Titel des Erfolgsprogramms „Made in Germany“ mag ja auf den fast 36-Jährigen zutreffen, in seinen Gags lässt er indes kaum einen Landstrich aus. In Jeans, Weste und Hemd grimassiert sich der „Teutotürke“ einmal rund um den Globus, teilt nicht nur an die bevorzugten Opfer aus Deutschland, der Türkei und den arabischen Ländern aus. Nein, ganz polyglott zappelt Kaya Yanar sich durch den europäischen Raum von Dänemark bis Italien, von Holland bis Kroatien, den er in seinem typischen wort-, gesten- und geräuschreichen Gestus absteckt. Selbst bis in die USA, nach Russland, Indien und China bringen ihn seine grell geschilderten Typologien von Menschen. Er ist ein Meister in der grotesk überzeichneten Darstellung menschlicher Details, von den kleinen Eigenheiten und Merkmalen, die uns auf zehn Metern gegen den Wind erkennbar machen. Also das, was man im Allgemeinen Vorurteile oder Stereotypen nennt. Da sind beispielsweise die Deutschen, in Kayas Enzyklopädie der Verhaltensauffälligkeiten eindeutig gekennzeichnet durch den „deutschen Zeigefinger“ und der Perfektion im Liegestuhl reservieren per Handtuch. Dagegen die Holländer, deren Sprache am besten nur noch zur Synchronisation von Horrorfilmen und Terroristenvideos zu verwenden sei. Mithin seien diese dann so komisch, dass niemand mehr Angst davor zu haben bräuchte. Den Kroaten empfiehlt er, sich bei den Türken ein paar „ü‘s“ zu kaufen, um die eigene Sprache von ihrer Vokalarmut zu erlösen. Die würden ja ohnehin alles gerne „verchecken“. So bringt ihn sein Gag-Hopping vom europäischen Hölzchen aufs asiatische Stöckchen. Hat man seine Nachahmungen von fernöstlichen Kampfgeschrei, italienischen Gesten oder arabischer Nachhilfe im Fluchen überstanden, hat man spätestens beim sächselnden Türken vor Lachen kaum noch Luft. Großen Anteil hat daran auch Kaya Yanars inhaltliche Fokussierung auf die männliche Körpermitte, die als Gegenstand seiner multilingualen Ausführungen den größten Raum einnimmt. Kaum zu glauben, aber es gibt tatsächlich große Unterschiede in der Art und Weise, wie Männer unterschiedlicher Nationalität Hand an sich legen, um mutwillig umher rutschenden Körperteilen Herr zu werden. Unser Herr Yanar ist sich natürlich auch nicht zu schade, diese Unterschiede plakativ an sich selbst zu demonstrieren. So plappert sich Kaya Yanar wieder einmal zwei sehr kurzweilige Stunden durch sein Leben, kindlichen Erinnerungen und täglichen Erlebnisse. Am Ende steht für ihn die Erkenntnis, dass man als Voraussetzung für den Beruf des Comedian in erster Linie „einen an der Waffel haben“ muss. Mehr Spaß kann man bei der Darstellung dessen kaum auf eine Bühne bringen. – erschienen im März 2009 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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![]() Eigentlich ist der Titel völlig unpassend gewählt. „Welttournee - durch Deutschland“ hat der turko-arabische Comedian Kaya Yanar sein aktuelles Soloprogramm benannt. Um eine solche handelt es sich aber gar nicht. Es geht nicht um polyglotte Reisen oder Kayas internationale Freunde Francesco, Ranjid und Hakan, die dem Publikum in der gut gefüllten Tonhalle aus Yanars TV-Sendung „Was guckst Du?“ bekannt sind, sondern um die prägenden Erlebnisse aus der Zeit als Kind und Jugendlicher des mittlerweile 31-Jährigen. Diejenigen im Publikum, die auf die immer gleichen müden Scherze der TV-Show warten, müssen sich darauf einstellen, dass Yanar sich glücklicherweise davon fern hält. Fast schon entschuldigend erklärt er zu Beginn des Abends erst einmal den Unterschied zwischen seiner Fernsehproduktion, an der viele weitere Verantwortliche beteiligt sind (und der es offenbar deshalb zusehends an Witz und Spritzigkeit mangelt), und dem realen Comedy-Leben auf der Bühne. Das Ergebnis verhält sich ungefähr so wie ein alter 3er BMW mit Motorschaden gegenüber einem tiefer gelegten Luxuswagen aus der Tuning-Werkstatt. Die Bühne ist die eigentliche Welt für Kaya Yanar, seine Autobiographie, wie er sagt. Hier dreht er ganz auf, zeigt sein ganzes Repertoire an erzählerischen und mimischen Talenten. All die Ängste, Neurosen und Psychosen aus Kindheit und Pubertät sind es, die Kaya nach eigenen Aussagen zu dem gemacht haben, was er heute ist, und von denen er in peppigen, comicartigen Geschichten erzählt. Zwar tauchen auch die drei von ihm dargestellten Figuren aus seiner Sendung oft auf, aber im Vordergrund stehen eher ihre aberwitzigen Beiträge zur Sozialisation des gebürtigen Frankfurters als die Tatsache ihrer geografischen Herkunft. Statt auf Welttournee befindet sich Kaya Yanar auf einer Zeitreise in seine Vergangenheit, in die er uns in dem zweistündigen Vortrag mitnimmt. Zwei Stunden mit „konkret krassen“ Geschichten von Vätern, die wegen mangelnder Deutschkenntnisse nicht richtig schimpfen können, von türkischen Kakerlaken mit Vollbart und Gebetbuch, vom Tequila trinken und Frauen ansprechen, dem veränderten Blickwinkel auf WC-Schüsseln nach dem Trinken bis zu Verdauungsproblemen, verursacht durch türkische Bohnengerichte. Viel Jubel für Kaya Yanar, der an diesem Abend offensichtlich großen Spaß an seiner Arbeit hat. – erschienen im Oktober 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf |
Der Popwart
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