![]() Über 45 Jahre hat sie mittlerweile auf der Bühne gestanden, hat seit 1959 angeblich über 1350 Lieder gesungen, noch dazu in so ziemlich allen europäischen Sprachen. Eine Karriere, die sich von Schlager über Folklore bis zum Jazz spannte und deren stärkster Eindruck doch seit jeher von einem schwarzen Kassengestell und einem Strauß weißer Schnittblumen ausgingen. Heute, mit 71 Jahren, hat Nana Mouskouri offenbar genug von Brille und Rosen. Ihm Rahmen ihrer großen Abschiedstournee unter dem Motto "Ich hab gelacht– ich hab geweint" ist die Philipshalle Schauplatz ihres wohl vorletzten Auftritts in Deutschland. Nach einem Diavortrag über Stationen ihres musikalischen Lebens tritt die Mouskouri in wallender Robe auf die Bühne und nimmt die freundliche Begrüßung des Publikums huldvoll entgegen. Schon vor Konzertbeginn liegen Sträuße und Geschenke am Bühnenrand, während der folgenden zwei Stunden werden es stetig mehr. Die Fans sehen es ihr nach, dass ihre Stimme in den Jahren rauer und brüchiger geworden ist, dass ihr Timbre sich von kristallklar zu naturtrüb gewandelt hat. Schon wenige Takte rufen eine merkwürdige Assoziation zu Janis Joplin hervor, die sich erst auflöst, als Nana später tatsächlich deren "Me & Bobby McGhee" anstimmt. Auch anderen Liedern bekommt die Blues-Behandlung gut, mit der sehr guten Begleitband unter Luciano di Napoli bringt sie ein paar Ecken und Kanten in sonst so glatte Schlager-Töne. Trotzdem wirkt Nana Mouskouri über weite Strecken des Abends fahrig, geradezu zerstreut. In ausschweifenden Ansagen zerredet sie Themen, die eigentlich nichts mit der Musik zu tun haben, verhaspelt sich im deutschen Grammatik-Unterholz, rettet sich dann schnell ins nächste Lied. Doch schon zu Beginn, im dritten Song "Mein Herz hat noch Platz für Dich", passiert ihr gar, wovon wohl jeder Sänger übel träumt: Sie muss abbrechen und von vorn beginnen – der Text ist weg. Später verpasst sie in einem Lied noch einmal den Einsatz. "Ich dachte, wir hätten gestern, da hat dieses Lied ein Freund gesungen." Der Saal ist in wohlwollender Stimmung, macht nix, kann ja mal passieren, meint man in den Gesichtern zu lesen. Ohnehin wartet die bis auf wenige lichte Stellen besetzte Halle nur auf ein Lied. Und nach einer Reihe von bekannten und bejubelten Hits – zu "Guten Morgen Sonnenschein" lädt die Mouskouri spontan drei verkleidete Nana-Doubles auf die Bühne ein – folgen dann schließlich jene weißen Rosen aus Athen, die in der französischen Fassung übrigens aus Korfu stammen. Aber darüber jetzt zu sinnieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen. – erschienen im Dezember 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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