Ja, leicht machen sie es einem nicht, die drei Schweden des Esbjörn Svensson Trios. Mit einer musikalischen Einsortierung im Sinne von „Schublade auf, Musik rein, fertig“ kommt man bei E.S.T., wie sie sich nennen, nicht weit. Auf der Bühne der Tonhalle präsentieren Esbjörn Svensson (Klavier), Magnus Öström (Schlagzeug) und Dan Berglund (Kontrabass) ihre reich eklektisierte Musik mit viel psychedelischem Brimborium aus Licht- und Soundeffekten. Da kommt man nicht umhin, einige Vergleiche aus der Musikhistorie zu bemühen. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, ganz im Gegenteil erheben E.S.T. ihre klingende Vorbildverehrung gezielt zum musikalischen Prinzip. Schon Titel wie „Mingle In The Mincing-Machine“, was so viel heißt wie „Rumwurschteln im Fleischwolf“, deuten viel sagend an, wie man sich die kompositorische Arbeit vorzustellen hat. Nach der Wühlerei im Musik-Mett formen E.S.T. ihre Songwürstel mit vielen guten Zutaten aus Thelonious Monks 50er Jahre Jazz, The Isley Brothers 60er Jahre Soul und Pink Floyds 70er Jahre Rock. Die entstehenden Songs leben von treibend synkopierten Dreier-Rhythmen, ostinaten Patterns und scharfen Riffs von Klavier und Bass sowie hart akzentuierten Melodiebögen, die sie langsam und mit viel Gefühl zu steigern verstehen. Diese belegen sie dann mit extralangen und merkwürdigen Titeln, beispielsweise „The Unstable Table & The Infamous Fable” oder auch “A Picture Of Doris Travelling With Boris”. Gerade bei diesen beiden Stücken zeigen die drei Schweden auch ihre Vorliebe für Klangverfremdungen. Dan Berglund benutzt zum Beispiel ein Wah-Wah für seinen Kontrabass, ein Effektgerät für E-Gitarren, welches in den späten 60ern von Gitarrengott Jimi Hendrix zum unsterblichen Utensil der Sechssaiter wurde. Das Resultat klingt entsprechend wie ein tief brummender Hendrix, inklusive heulender Rückkopplung. Svensson schließt einen Verzerrer an den Flügel an und selbst Drummer Östrom legt so viel Echo auf das Schlagzeug, das sein Solo klingt wie in einer Tropfsteinhöhle. Noch weiter zurück in die Musikgeschichte greift Esbjörn Svensson mit dem Titelsong der aktuellen CD „Viaticum”. Eigentlich ein schlichter, feiner Blues, dessen Akkordfolgen aber stark an Johann Sebastian Bach erinnern. Hätte Bach damals schon den Blues gekannt, es hätte durchaus so klingen können. Sympathischer, glaubwürdiger, schwedisch guter Querkopf-Jazz. – erschienen im April 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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