AC/DC ohne Bon Scott, Humble Pie ohne Steve Marriott, Nirvana ohne Kurt Cobain, Queen ohne Freddie Mercury. Kann eine Gruppe eigentlich nach solch einem Verlust noch existieren? Noch dazu, wenn es sich wie bei Queen um Freddie Mercury, die Königin-Mutter aller Frontmänner handelt? Zum ersten Mal seit dem Tod ihres charismatischen Sängers sind Queen wieder unterwegs und laden in der ausverkauften Dortmunder Westfalenhalle zur Audienz. Jürgen aus Bochum war schon mal hier. 1976, als Queen das letzte Mal in Dortmund spielten. Er wolle sich ansehen, „ob sie es noch wie früher draufhaben“. Sie, das ist der mit Gitarrist Brian May und Drummer Roger Taylor auf zwei Ur-Mitglieder geschrumpfte Rumpf von Queen, unterstützt von Spike Edney (Orgel), Jamie Moses (Gitarre) und Danny Miranda (Bass). Original-Bassist John Deacon ist nicht dabei, er habe sich nach offizieller Lesart von der Bühne zurückgezogen. Inoffiziell gilt er als Spielverderber, der – ätsch – auffallend wenig in den projizierten Videos gezeigt wird. Am einsamen Gesangs-Mikro steht Paul Rodgers, früher Sänger bei Free und Bad Company, der sich freiwillig dem Fluch des Ersatzmannes, des Freddie-Doubles aussetzt. Doch er macht seine Sache gut. „Einwandfrei“, wird Jürgen später urteilen. In rockigen Stücken wie „Tie your mother down“, „Fat bottom girls“, „Hammer to Fall“ oder den eigenen Songs wie „Feel like making love“ zeigt Rodgers seine Klasse als beseelter Blues-Vokalist. Er hat als einer der wenigen Sänger seiner Generation die Stimme behalten und lässt sich auf keinen Vergleich mit Freddie Mercury ein. Pompöse Hymnen wie „Bohemian Rhapsodsy“ überlässt er lieber gleich dem in jedem Sinne überlebensgroßen Freddie aus der Videokonserve, der von den Fans frenetisch bejubelt wird. Nicht nur Jürgen verdrückt da ein Tränchen, wenn Brian May zur Akustikgitarre sein „Love of my Life“ für Freddie singt. Auch Roger Taylor, der hinterm Schlagzeug aussieht, als habe er zentnerschwere Trommelstöcke zu heben, bemüht seine brüchige Stimme für einige Songs. Nach gut zwei Stunden ist der Greatest-Hits-Abend zu Ende, die Zugaben „Show must go on“, „All right now“, „We will rock you“ und „We are the Champions“ sind vorhersehbar und geben den Fans noch einmal alles, was sie hören wollen. Schöner Abend, gute Musik. Aber kein Queen-Konzert. – erschienen im April 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
Der Popwart
|