Schon vor Jahren hat Helge Schneider ein klingendes Bekenntnis abgelegt. Nach seinen ebenso zahlreichen wie erfolglosen Anläufen in unzähligen Berufssparten wusste der Mühlheimer eigentlich längst, wohin ihn der Weg führen würde. „I‘m a clown“ hieß der alte Jazz-Titel, der bereits in den frühen Programmen des Herrn Schneider vorkam. Heute scheint Helge am Ziel angekommen zu sein. Sein Auftritt in der ausverkauften Tonhalle („Willkommen in dieser wunderschönen Fledermaushöhle“) zeigt Helge heute nach der „singenden Herrentorte“ mit ihren verdrehten und widersinnigen Quatschgeschichten und der späteren Kultivierung des affektiert-näselnden Katzklo-Erfolgs bei den Wurzeln seiner Kunst angekommen: Er ist Clown. Wie seine großen Vorgänger aus dem Zirkus betritt Helge Schneider mit künstlicher Glatze und Haarkranz die Bühne, die rote Nase aufgesetzt und einen großen Koffer tragend. Zum abgetragenen blauen Anzug fehlen nur die Rockschöße und ein Paar übergroße Schuhe, dann wäre der dumme August perfekt. Sogar das musikalische Markenzeichen des klassischen Clowns, das Saxophon, nimmt Helge als Erstes aus seinem Koffer und spielt - wieder einmal erstklassig - mit seiner Band. Die Band, das sind der altbewährte Pete York am Schlagzeug, Gitarrist Sandro Giampetro, Kontrabassist und Tuba-Spieler Rudi Contra sowie eine umwerfende Percussion-Abteilung aus Bodo Österling (er hat mittlerweile seine 16-jährige Ausbildung bei Schneider abgeschlossen) und dem unbeschreiblichen Sergej Gleithmann. Letzterer bekleidet in hautengem schwarzen Spandex-Anzug und Ballerinas, die mit seiner Halbglatze und den schulterlangen Rest-Haaren sowie dem noch längeren Rauschebart ein mehr als reizvolles optisches Wechselspiel eingehen. Sein größter Auftritt ist eine Vorführung dessen, was bei viel Fantasie als gymnastische Übungen durchgehen würde, unter ästhetischen Gesichtspunkten möchte man sich aber schreiend vor Lachen abwenden. Und das zu einem Zeitpunkt, wo der Saal bereits mehrfach in Schnappatmung verfallen ist, ob der grotesken Albernheiten, die Helge Schneider musikalisch, tänzerisch und erzählerisch vom Stapel lässt. Er, der die Tournee kurzerhand von „I brake together“ in „Akopalüze nau“ umbenannt hat, schlägt mühelos den Bogen von Doping im Radsport, im Fluge zerplatzenden Skispringern, monströs gepiercten Kindergärtnerinnen und ihren erotischen Vorlieben zu modernen St. Matin-Inszenierungen und einer Johannes Heesters-Parodie, der ja eigentlich von studentischen Aushilfen an Drahtseilen bewegt wird. Den Zauberern Siegfried und Rolf(!) dichtet er schnell noch eine Vergangenheit als Kellner im Café an, bevor ein sagenhaftes Solo-Duett von Helge und Udo Lindenberg den „bunten Abend mit Niveau für alle, die sich langweilen“ beschließt. Helge, der Jazzer und Kasper, hat wieder einmal gezeigt, wie es gemacht wird. – erschienen im November 2007 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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