Opa Popolski war ein fleißiger Mann. Über 128.000 Lieder hat er einst im polnischen Örtchen Zabrze komponiert und allesamt sind in den letzten Jahren in die internationalen Charts gekommen. Nur hat Opa Popolski daran keinen Cent verdient, nicht einmal sein Name ist im Zuge dessen bekannt geworden. Von gaunerhaften Gestalten wurde er schändlichst um seine Kompositionen und um den wohlverdienten Ruhm gebracht. Soviel zur Legende. Es ist allein seiner vielköpfigen Familie zu verdanken, dass dieses dunkle Kapitel der Musikgeschichte nicht der Vergessenheit anheim fällt. Als „The Pops“ stehen neun seiner Kinder im Rahmen ihrer neuen Aufklärungsmission „From Zabrze with Love“ vor 900 begeisterten Besuchern im zakk auf der Bühne und spielen die angeblichen Originalversionen aus der Feder ihres großen Ahnen Pjotr Popolski. Angeführt von Pavel Popolski alias Achim Hagemann am Schlagzeug (mancher kennt ihn noch als „Total normal“ Klavierpartner von Hape Kerkeling) veranstalten die Popolskis eine herrlich schräge Polonaise durch die aktuelle Popmusik. Grammatikalische Feinheiten des Deutschen werden zugunsten des Einheits-Artikels „der“ kurzerhnd über Bord geworfen, ebenso wenig hält man sich mit so Kleinigkeiten wie Umlauten auf („Unser Janusz ist der trubste Tasse in der ganze Familie“). Die Klischee-Parade lässt natürlich auch hässliche karierte Hemden mit Pullunder, fiese Pomadenfrisuren, einen mächtigen polnischen Akzent und Hochprozentiges nicht aus. Zu Beginn werden erst einmal mehrere Tabletts „Vudka“ ins Publikum gereicht, die unter Anleitung zu „kippen“ sind. Und bei einem Konzert, bei dem nach zehn Minuten bereits rund 50 Schnapsbecher gleichzeitig geleert werden und schwungvoll über die Schulter fliegen, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Zwischen den Liedern wie „Dance With Somebody“ von Mando Diao, Anastacias „I‘m Outta Love“, „Ein Stern der Deinen Namen trägt“ von DJ Ötzi, „Junge“ von den Ärzten oder auch Richard Claydermans „Ballade pour Adeline“, erzählt Pavel Popolski lakonisch seine bizarren Moderationen, haarsträubend ulkige Geschichten aus dem Familienalbum, die die angebliche Entstehung der Songs erklären. Wiedererkennen kann man die folgenden Humpa-Humpa-Gewitter mitunter erst am Refrain, derart verfremdet klingen die „Originale“ unter den Händen dieser musikalischen Polonialmacht. Eine so gekonnte musikalische Clownerie kommt natürlich nicht von ungefähr. Hinter der albernen Maskerade verbergen sich ausgezeichnete Musiker, selbst „der trube Tasse“ Janusz Popolski ist eine Wucht am Bass, ebenso seine „Brüder“ Henjek und Stenjek an Trompete und Posaune, Mirek an der Gitarre, Marek und Danusz am Keyboard und Tomek am Gesang, ganz zu schweigen von der „Lady of Polka“, Sängerin Dorota in lasziver roter Robe. Opa Popolski wäre sicher stolz, hätte er noch erleben dürfen, wie sein Enkel Tomek im hellblauen, straßbesetzten Elvis-Strampler zu einer Polka-Version von „Eye of the Tiger“ wie die Soul-Legende James Brown singt. – erschienen im März 2010 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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