WZ: Wie fühlt es sich an, mit „Vipern“ Ihre erste abendfüllende Oper vollendet zu haben? Christian Jost: Das ist eigentlich ein sehr gutes Gefühl, zumal sehr viel Arbeit dahinter steckt und es auch die eine oder andere Hürde von der Größe des Mount Everest zu überwinden gab. WZ: Welche denn zum Beispiel? Jost: Nun ja, bei einer so langen Arbeitszeit für ein knapp zweistündiges Werk ist schon der lange Atem des Komponisten gefragt. Man lebt ständig mit diesen Figuren und mit der Handlung. Oft doktert man lange an Höhepunkten herum, bis man schließlich glaubt, sie im Griff zu haben, nur um dann wieder daran zu zweifeln und mit sich zu hadern. Das kann schon sehr anstrengend sein. WZ: Wie lange haben Sie komponiert? Jost: Die reine Kompositionszeit betrug etwas über zwei Jahre, aber das Stück als solches begleitet mich schon seit dem Frühjahr 1996. Seitdem habe ich eigentlich bis zum heutigen Tag an dem Stoff herumgebastelt. WZ: Zufrieden mit dem Ergebnis? Jost: Oh ja! So wie sie jetzt ist, gedruckt und fertig, ist es gut. WZ: Wie würden Sie die Musik beschreiben? Jost: Ich denke, dass ich sagen kann, meine eigene Musik zu schreiben. Ästhetisch bin ich vielleicht nicht ganz leicht einzuordnen, weil ich von so Vielem beeinflusst bin. Ich sehe mich aber irgendwo zwischen Chet Baker und Aribert Reimann. Auf jeden Fall würde ich sagen, dass meine Musik einen ganz vehementen emotionalen Ausdruck hat. Es brodelt förmlich unter der Haut. Ich glaube, dass dies auch unerlässlich ist, um mein Stück interpretationsfähig zu machen. Es muss eine emotionale und inhaltliche Tragfähigkeit haben, um nicht nach kurzer Zeit wieder in der Versenkung zu verschwinden. WZ: Warum haben Sie als Vorlage einen Text von 1622 gewählt? Jost: Ich habe ganz bewusst einen Stoff gesucht, der sich allen Zeitreglementierungen entzieht. „Vipern“ handelt mit inhaltlichen und personellen Prototypen, die zu jeder Zeit und an jedem Ort inszenierbar sind. Deshalb haben wir die Handlung für diese Inszenierung auch in die heutige Zeit verlegt. WZ: Wie aufgeregt werden Sie vor der Premiere sein? Jost: Ich weiß nicht, ob man das messen kann. Sicher werde ich wohl angespannt sein, aber ich freue mich auch sehr auf den 21. Januar. – erschienen im Dezember 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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