Ein ungewöhnlicher Ort für ungewöhnliche Musik ist die Bunkerkirche St. Sakrament in Heerdt. Das geschichtsträchtige Gebäude ist Schau- und Hörplatz für ein engagiertes Kunsterlebnis mit zeitgenössischer Musik und großformatigen Gemälden, welches mit einem Pontifikalamt am Vorabend des Weltjugendtages zelebriert wird. In der voll besetzten Kirche sind die vielen roten Jacken der „Volunteers“, der freiwilligen Helfer beim Weltjugendtag, kaum zu übersehen. Rund ein Drittel der Stuhlreichen ist von den jungen Leuten besetzt. An den sonst nüchternen weißen Wänden der Bunkerkirche hängen riesige, leuchtend bunte und abstrakte Tableaus des Künstlers Uwe Appold, die als fünfteiliger Zyklus die einzelnen Teile der heiligen Messe illustrieren. Der Wiener Thomas Daniel Schlee hat für diesen Anlass seine „Missa“ op. 61 komponiert, die hier ihre Uraufführung feiert. Schlees Werk hält sich an die vorgegebene Abfolge der tradierten Messe-Teile, vertont aber Texte sowohl aus dem Ordinarium Missae als auch von der Heiligen Edith Stein. Bereits im Kyrie, gleichsam als Introitus verwendet, singt der Solo-Bariton (Benno Remling) Worte von Edith Stein über Orgel (Iris Rieg) und Chor (Sängerinnen und Sänger des Vocalensembles Ars Cantandi sowie der Chor des Kath. Kantorenkonvents Düsseldorf), der in kurzer ostinater Motivik das Kyrie eleison intoniert. Der insistierende und strenge Charakter dieser Musik wird unterstrichen durch den Einsatz einer Marschtrommel (Tobias Liebezeit), deren anschwellende Wirbel laut durch den Saal rauschen. Das Gloria und später auch das Credo klingen mit hinzutretender Trompete (Thomas Gerstel), Posaune (Thomas Brand) und weiterem Schlagwerk (Glockenspiele, große Trommel) weit freudiger, wenn auch Melodik und Rhythmik für viele schwer fasslich bleiben. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann aus Würzburg, der die Messe feiert, würdigt an Schlees Musik die „Fülle an Neuem und Ungewohntem“ die zwar eine Herausforderung sei, aber das Hörerlebnis aus der Belanglosigkeit des Alltags enthebe. Im Antiphon klingt Bariton Remling in der Tiefe etwas beengt, der von Regionalkantor Odilo Klasen geleitete Chor zeigt im melismatisch geführten Halleluja schöne Stimmsicherheit. Sanctus und Agnus Dei sind feierlich angelegt, das Postludium schließt mit sehr breitem Adagio, welches die Segnungsformel melodisch weiterführt und die Besucher würdevoll aus der Messe entlässt. – erschienen im August 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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