Eure Mütter aus Stuttgart haben sich in der Vergangenheit ja schon immer gerne den ganz großen Fragen der Zeitgeschichte gestellt. Sie haben dem deutschen behördlichen Urheberrechtsverwalter mit dem Song „Der Typ, der bei der GEMA die Titel eintippt, ist ein ganz blöder Penner“ ein ewig gültiges Denkmal gesetzt und sich mit fester Meinung zu solchen Phänomenen wie Mittelalter-Märkten geäußert. Tja, und dann war da eben auch noch diese Sache mit der Skrotum-Frisur... Ein Thema, dessen sich die Mütter mit der ihnen eigenen besonderen Umsicht unter Abwägung aller Vor- und Nachteile angenommen haben. Ich zitiere aus dem mütterlichen Youtube-Chanel: Gut, dass wir da nochmal drüber gesprochen haben. Aber zurück zum aktuellen Auftritt der Mütter in Düsseldorf. Es kommt nicht oft vor, dass ein ohnehin schon sehr guter Abend durch eine Zugabe noch zu etwas ganz Hervorragendem geadelt wird. Noch dazu, wenn es sich sogar schon um die zweite Zugabe handelt. Denn eigentlich war im mittlerweile fünften Mütter-Programm „Bloß nicht menstruieren jetzt!“ im ausverkauften Savoy Theater bereits alles gesagt, alles besungen und über alles gelacht. Fast! Denn nach guten zwei Stunden führen Andreas „Andi“ Kraus, Donato „Don“ Svezia und Matthias „Matze“ Weinmann vor, wie man einen Comedy-Abend in aller Form und gründlich vollendet. Dazu brauchen sie noch nicht mal mehr als etwas so alltägliches wie die Haarpflege. Die drei veranstalten ein „Synchron Haare waschen“ Spektakel, bei dem sich die statt wie sonst in schwarz bekleideten Jungs mit weissen T-Shirts (alle mit „Duftig“ beschriftet) sowie weissen Unterbuxen hinter drei Eimer positionieren, sich gegenseitig mit Tanzbewegungen einer Boygroup Shampoo ins Haupthaar (und jene engen Buxen) verabreichen, um dann gemeinsam ihre Köpfe in die besagten Eimer zu stecken, dass es nur so spritzt. Anschließend werfen sie ihre klatschnassen Häupter in ausladenden Bewegungen zum Rhythmus der Musik hin und her, wobei sie auf der Bühne ein wunderbares Schlamassel aus Schweiß, Schaum und Wasser anrichten. Ein vor Freude johlendes Publikum ist der Dank für derlei wunderbar anzusehende Mühen. Darin liegt wohl auch das Geheimnis des Humors mütterlicherseits. Aus vermeintlichen Nebensächlichkeiten zaubern unsere Mütter mit leichtfüßiger Musik epische Schilderungen voller Dramatik und Tiefe. Das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel („Erstmal aussteigen lassen“) ist ihnen als Thema genauso geeignet wie der Einkauf von Gemüse, auf dessen Verpackung „Brokkoli extrem“ zu lesen ist. Was die Mütter zu einer dreistimmig gesungenen Ode an weitere Power-Pflanzen wie „Spinat brutal“ oder „Blumenkohl bizarr“ inspiriert. Desgleichen gilt für die individuellen Eindrücke vom Brustschwimmen („Das geht auch schneller“) oder ein kleines Auto-Musical mit einem pedantischen und lispelnden TÜV-Prüfer. Zwischendurch werden auch noch Femen-Aktivistinnen als „Sexy Femen Baby“ und ein Galaxy SS als Beitrittsgeschenk zur NPD abgehandelt. Und als ob das noch nicht genug wäre, zeigen die Mütter auch noch, wie man die Programmpause mit einem kleinen Literaturwettbewerb im Publikum sympathisch überbrückt. So wird‘s gemacht! – erschienen in gekürzter Form im September 2014 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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