Die Harlem Gospel Singers und ihre Mitbegründerin, Queen Esther Marrow, sagen über sich, sie seien mit ihrem Gesang in einer Mission Gottes unterwegs. Das Ziel dieser spirituellen Reise sei der Weg zu Gott und den Menschen. Bei dem Konzert des afroamerikanischen Gospelchors in der Tonhalle vor rund 1500 Besuchern hat man indes den Eindruck, dass dieser Weg bei Weitem nicht so entbehrungsreich und steinig ist, wie es sich vielleicht anhören mag. Die mit viel Pomp, großen Verkaufsständen und dramatischen Trommelwirbeln inszenierte Show „Say Yes!“ erinnert eher an eine gut ausgebaute, von Werbereklamen und Neonröhren hell erleuchtete Straße in Las Vegas. Mundwerk steht hier offensichtlich auf goldenem Boden. In bunt glitzernden Ministranten-Roben hüpfen und tanzen die neun Sänger und Sängerinnen zu dem von der fünfköpfigen Begleitband intonierten Soul-Pop und bereiten die Bühne für die Königin-Mutter der Harlem Gospel Singers, Queen Esther Marrow. Zusammen singen sie sich durch beschwingte, aber harmlos arrangierte Uptempo-Stücken, belegt mit weich gespülten Chorsätzen, in denen viel und gern „Yes!“ gesagt wird und die hartnäckig auf guter Laune beharren. Hier wird viel Banales als großes Gefühl verkauft. Der Herausforderung, eine elektrisch verstärkte Band in der Tonhalle gut klingen zu lassen, ist der Soundtechniker nicht gewachsen. Aus den aufgestellten Boxen schwappt nur eine dumpfe und zähe Masse, in denen jeder tanzwillige Fuß stecken bleibt. Da helfen auch die übertriebenen Bewegungsappelle des Dirigenten nichts. Blickt man allerdings hinter das zuckerige Blendwerk, lässt sich wirkliches Können entdecken. Nicht nur die Band besteht aus erfahrenen Profis, auch im Chor stecken gut ausgebildete Stimmen. Ja, es gibt sogar vereinzelte Glanzlichter, wenn etwa Esther Marrow eine tolle Blues-Version von „Bridge over troubled water“ bringt oder der Chor ein Stück a cappella singt. Man möchte deshalb Queen Esther und den talentierten Sängern zurufen, die bunten Roben besser in den Schrank zu hängen und die exaltierten Tanzbären nach Hause zu schicken, um sich nur noch auf den Gesang zu konzentrieren. Trotzdem tosender Applaus und Standing Ovations. – erschienen im Dezember 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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