Seit 35 Jahren beklagt er sich, dass es eigentlich keinen Spaß mehr macht. Die Reiz sei verflogen, verpufft, der Traum ausgeträumt: „The Thrill Is Gone“. So lautet der Titel des Lamento von 1970, mit dem sich der amerikanische Blues-Gitarrist und Sänger B.B. King seinen ersten internationalen Hit erarbeiten konnte. Geboren 1925 als Riley B. King in Indianola, Mississippi, hat es in seinem Leben immer viel Arbeit, nicht aber viele Hits gegeben. Der Vater verließ die Familie, als der kleine Riley gerade vier Jahre alt ist, die Mutter starb kaum fünf Jahre später. Als Pflücker und Traktorfahrer arbeitete er sich durch den Sumpf der Rassentrennung auf den Baumwollplantagen des Mississippi-Deltas. Das „B“ in seinem Namen gab ihm der Vater zwar ohne eine wirkliche Bedeutung, erzählt King in seiner Autobiographie, aber in seiner Kindheit riefen ihn eigentlich alle einfach nur „B“. Anfang der 1950er Jahre trampte er mit dem Traum, ein berühmter Blues-Musiker zu werden, nach Memphis und ergatterte dort einen Job als Radio-DJ. Er durfte seine heiß geliebten Blues-Platten auflegen und bekam sogar ein wenig Geld dafür. Die Leute nannten ihn mittlerweile den „Blues Boy“, bald nur noch „B.B.“ - dabei blieb es für mittlerweile über 50 Jahre. Immer bei ihm war schon damals seine Gitarre. Mit ihr verdiente sich B.B. seine Dollars, mal vor dem Radiomikrofon, mal auf einer Bordsteinkante in Memphis. Jede dieser Gitarren, an die er im Laufe seiner Karriere die Hände legte, trug dabei immer denselben Namen. Von den namenlosen Sperrholz-Klampfen der frühen Jahre bis zu den heute für ihn speziell angefertigten halbakustischen Gibson E-Gitarren mit dem typischen voluminösen Korpus, sie alle nannte er liebevoll „Lucille“. Diese Lucille war ursprünglich ein Mädchen, um die sich zwei Männer in einer Bar stritten und dabei ein Großfeuer auslösten. B.B. King rettete seine damalige 30 Dollar-Gitarre unter Einsatz seines Lebens aus den Flammen. Das war 1949 und sie wurde seine erste Lucille. 1952 nahm die Karriere von King einen entscheidenden Schritt. Sein „Three O’Clock Blues“ eroberte die Rhythm & Blues-Charts und trat für ihn eine Arbeits-Lawine los. Endlose Tourneen durch die USA, 340 Auftritte pro Jahr, Teilnahme an den großen Jazz- und Rockfestivals bestimmten den Alltag der folgenden Jahre. Und doch langte es nicht zum großen Durchbruch. Immer fühlte sich King als Außenseiter, an dem die populären Trends vorbeiliefen: „Den jungen Schwarzen war ich zu altmodisch, die weißen Musikexperten hielten mich für zu modern“. Bis sich 1970 endlich alle bei „The Thrill Is Gone“ einig waren. Zwei Hits in zwanzig Jahren, das ist nach allgemeinen Standards vielleicht keine allzu gute Bilanz. Für B.B. King spielt das heute keine Rolle mehr. Nicht nur Eric Clapton, John Lennon oder Keith Richards waren sich stets darin einig, dass Mr. Kings Gesang, sein voluminöser, runder Gitarrenton sowie das charakteristische Fingervibrato, das er buchstäblich aus dem Ärmel schüttelt, zum Maß der Dinge im Blues geworden ist. B.B. Kings Leben drehte sich immer um zwölf Takte und fünf Töne, aus denen sich das Universum seines Blues speist. Er selbst ist darin zu einem Gravitationszentrum geworden, auch im übertragenen Sinn. Denn der in den Jahren an körperlicher Masse und Geld sehr reich gewordene King hat sich nach mehr als 50 aufgenommenen LPs vom drahtigen Jungen zum millionenschweren Geschäftsmann entwickelt, der mit seinen Lizenzen für B.B.-King-Nachtclubs, B.B.-King-Barbecue-Soßen, B.B.-King-Salsa oder auch B.B.-King-Salatdressings genug Geld verdient, um bei Konzerten auch mal goldene Uhren ans Publikum zu verschenken. Heute wird B.B. King 80 Jahre alt. Happy „thrilling“ Birthday! – erschienen im September 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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