10. Dezember 1982. Dortmund. Westfalenhalle. Mein allererstes Konzert. AC/DC. Auf der "For Those About To Rock" Tour. Die zweite mit Brian Johnson. Wir waren alle noch im Eimer über den Verlust von Bon Scott, auch wenn dessen Tod da schon fast drei Jahre zurücklag. Es war ein Hammer-Abend, ich war 12, das erste Mal nachts in Dortmund und hatte meine über alles verehrten Helden endlich live gesehen. Es hat dann aber trotzdem nochmal schlappe 33 Jahre gedauert, bis wir uns wieder gegenüber standen. Diesmal in Köln, 19. Juni 2015. Eine weitere Tour ohne Drummer Phil Rudd, aber die erste ohne Malcolm Young. Darüber sind wir diesmal alle ein bisschen im Eimer. „Wo bist Du die ganze Zeit gewesen?“ werden mich AC/DC nie fragen, aber die Antwort würden sie auch nicht hören wollen. „Ihr wart scheiße in den 80ern“ müsste ich ihnen antworten. „Die anderen haben damals alle viel bessere Platten gemacht“. Außerdem kamen neue Bands, ich war musikalisch neu verliebt. Ich war zwar nicht auf den Konzerten, die Platten habe ich trotzdem gekauft (und manchmal bereut) und hab sie immer gemocht. So grundsätzlich, trotz der 80er Platten. Und auch das Spätwerk in den 90ern und 2000ern habe ich auch als solches hingenommen und mich stets gefreut, dass meine Helden dabei weder musikalisch experimentieren noch das Musik machen überhaupt an den Nagel hängen. Und auch wenn jetzt das aktuelle Werk „Rock or Bust“ den dämlicheren Titel trägt, es ist immerhin das bessere Album als „Black Ice“. Gut. Wie auch immer. Jetzt stehen wir zu 80.000nst auf den weich geregneten Jahnwiesen und warten auf die Lieder, die wir alle bis zum Abwinken mitsingen können. Genau wie AC/DC sie wohl längst bis zum Abwinken spielen können. Pünktlich um 20:45 setzt das Intro ein, ein audiovisueller Abriss der letzten 40 Jahre aus der Bandgeschichte, die Essenz aus AC/DC in 60 Sekunden. Spötter mögen einwenden, danach hätte man das Gelände auch verlassen können, Neues wurde nicht mehr hinzugefügt. Natürlich sind alle geblieben. Nicht nur, weil man natürlich jeden Cent des sauer bezahlten Tickets auch absitzen möchte, nein, natürlich weil es die schlichte helle Rock’n’Roll-Freude ist, ein Konzert von AC/DC zu erleben. Aber, natürlich wurde in der Tat nichts Neues hinzugefügt. Wobei eine spontane Umfrage, ob man was Neues hören oder lieber zwei stabile Stunden lang mit allen Hits verwöhnt werden möchte… das Ergebnis brauchen wir nicht abzuwarten. Nach den ersten Songs wabern aber schon die ersten Binsen-Einschätzungen durch die Reihen: “Die dralle Boogie-Sau, die AC/DC früher durch den Stall gejagt haben, wie es keine andere Band konnte, ist bisschen langsamer und träger geworden. So wie früher brodelt und kocht es nicht mehr auf der Bühne.“ Finde ich nicht. Klar haben AC/DC Patina angesetzt. Aber was für welche! Als ob man seinem Traum-Oldtimer gegenüber steht. Klar sind das alte Männer. Aber wer ist das irgendwann nicht? So in Würde den Zahn der Zeit zu ertragen, ohne dass die Performance merklich leidet, schaffen nur Kakerlaken. Oder Lemmy Kilmister. Und AC/DC. AC/DC sind ein bisschen der Chuck Norris des Hard Rock: „AC/DC sind nicht gealtert, sie haben nur der Welt erlaubt, sich um sie herum zu verändern.“ Schauen wir uns die Spieler im Detail an: Brian Johnson Singen? Tut er ja eigentlich schon seit langem nicht mehr. Eigentlich noch nie so richtig. Töne treffen? Das sind doch bürgerliche Kategorien. Früher klang es alles natürlich bisschen geschmeidiger, aber komm. Ich wär ja froh, wenn ich mit 67, ach was, wenn ich überhaupt so singen könnte. Angus Young Wie schräg ist ein 60jähriger Schulflegel? Der obendrein im Maßhemdchen über die Bühne fegt. Das tut er zwar auch nicht mehr ganz so hyperaktiv wie früher, aber ich will mal einen 60jährigen sehen, der so einen Zirkus veranstaltet wie Angus. Er hat auch noch genug Feuer, die Songs ziemlich flott anzugehen. Naja, der Abend wird ja sonst auch nur unnötig länger, also, zack, zur Sache und fertig werden! Schon immer war es mir dabei ein Rätsel, wie der beim Rumzappeln so schön spielen kann. Was beim Tourauftakt vor einigen Wochen noch bissel hakelig daher kam, war in Köln eine blitzsaubere Sache. Und sich trotz strömenden Regens für sein Solo nach vorne auf die vorgelagerte Plattform zu begeben - da würden andere die Diva-Karte ziehen und zögern. Tja, ich wär ja froh, wenn ich mit 60, ach was, wenn ich überhaupt so gut kurze Hosen tragen könnte. Chris Slade Der Herr Slade wurde ja einst aus der Band geworfen, weil Phil Rudd nach langen Jahren wieder Bock auf Rocken hatte. Einfach so. Nun hat eben dieser Mr Rudd in seiner Heimat Neuseeland noch ein paar juristische Details zu klären (wie Rock'n'Roll ist es eigentlich, aufgrund von Drogenscheiß & Morddrohungen vor Gericht zu stehen?) Der geschasste Ersatzmann Slade war sich dennoch nicht zu schade und ist heuer wieder an Bord als Tour-Söldner. Er spielt zwar lange nicht so bums-cool wie Phil (auch wenn sein Einsatz zu Highway to Hell ordentlich lecker scheppert), aber „solid time keeping“ ist, was die Firma Young, Young & Johnson bei ihm bestellt hat. Und das liefert er auch einwandfrei und anstandslos ab. Sie hätten ihm aber in den Vertrag schreiben sollen, dass er diese blöden Gong-Toms von seinem Schlagzeug hätte abschrauben sollen. Ich kenne wenige bis keine Drumkits, die hässlicher sind als das von Herrn Slade. Ich wär ja froh, wenn ich mit 68, ach was, wenn ich überhaupt nie sooo ein Schlagzeug haben müsste. Stevie Young Neffe der Young-Brüder zu sein ist vermutlich die beste Art, als „Neuer“ mehr oder weniger reibungs- und nahtlos in ein Bandgefüge zu flutschen. Young zu heissen, die gleiche Schnute zu ziehen wie die Onkels und auch noch so ordentlich die olle Original-Gitarre von Onkel Mal (die schöne Gretsch mit den ausgebauten Pickups) spielen zu können, lässt Stevie Young erscheinen, als ob er ohnehin schon immer dazugehört hätte. Noch dazu, wenn er so gut wie im gleichen Alter wie seine Onkels Malcolm und Angus ist. Wie geht das überhaupt? Komische Familie, diese Youngs… Ich wär ja froh, wenn ich mit 59, ach was, wenn ich überhaupt solche Onkels hätte. Cliff Williams Der Bassist mit den vermutlich wenigsten Tönen, der je in einer Rock'n'Roll Band zu spielen waren. Aber dafür mit den schönsten Haaren, immer schon. Selbst jetzt, als graue Eminenz. Der Mann hat zum Glück die fiesen Headless-Bässe aus den 80ern weggeschlossen und spielt seitdem mit der immer gleichen drückenden Intensität. Und dass wie gesagt, mit so wenig Tönen pro Song. Ich wär ja froh, wenn ich mit 65, ach was, wenn ich überhaupt so schöne Haare hätte. Interessiert sich noch jemand für die Setlist? Gut, dann hier: Rock Or Bust Shoot To Thrill Hell Ain't A Bad Place To Be Back In Black Play Ball Dirty Deeds Done Dirt Cheap Thunderstruck High Voltage Rock 'N' Roll Train Hells Bells Baptism By Fire You Shook Me All Night Long Sin City Shot Down In Flames Have A Drink On Me T.N.T. Whole Lotta Rosie Let There Be Rock Highway To Hell For Those About To Rock
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