Wer hat eigentlich damit angefangen, den Swing wieder salonfähig zu machen? Robbie Williams? Roger Cicero? Selbst Alles-Singer Helmut Lotti hat sich ja mittlerweile die goldene Ära der Crooner vorgenommen. Es muss aber offenbar erst ein junger Mann aus Köln in die Tonhalle kommen und vor vollem Haus zeigen, wie man aus der vermeintlichen Alte-Leute-Musik einen sehr unterhaltsamen und kurzweiligen Abend strickt: Tom Gaebel. Seine Fans sprechen den Namen des gebürtigen Gelsenkircheners gerne mit englischem Zungenschlag aus, ganz so, als fände sich in seiner Ahnenlinie einer der ganz großen amerikanischen Showstars. Den gibt es natürlich nicht, aber trotzdem liefert Tom Gaebel mit seiner exquisiten Big Band ein großartiges Konzert ab, das keinen transkontinentalen Vergleich zu scheuen braucht. Zumal der Abend direkt ganz unbescheiden mit einer doppelt aufgeladenen Swing-Legende beginnt. „New York, New York“, für immer verbunden mit der Stimme von Frank Sinatra, kommt aber lässig federnd daher, ist weniger der Schmachtfetzen, zu dem Frankieboy einst seine wässrig-blauen Augen niederschlug, sondern ist wieder eine fröhliche Liebeserklärung an die Stadt der Städte. Auch sonst scheut der 34-Jährige keine Songs, die sich als ganz übles klangliches Fettnäpfchen erweisen können. Zum Beispiel haben sich schon ganz Andere schlimm an „Satisfaction“ der Rolling Stones verhoben. Tom Gaebel gelingt es, dieses Erzstück des Rock‘n‘Roll lässig und glaubhaft aus dem Ärmel zu swingen. Ob es sein charmanter und trockener Witz ist oder die stilechte Bühnendekoration inklusive silbernem Samtanzug und Leucht-Pulten „im Grabstein-Design“, Herrn Gaebel gelingen an diesem Abend eine ganze Reihe solcher Todsünden. Sinatras „South of the Border“, der Soul-Klassiker „I‘m the one you want“, Nina Simones „My Baby just cares for me“ bis zu Ray Charles‘ „Hallelujah I love her so“, sie alle kommen mit viel Spaß, launigen Ansagen und ideenreich arrangiert daher. Dazwischen streut Tom Garbel noch eigene Stücke seiner aktuellen CD „Don‘t wanna Dance“ ein, wie etwa das von Spencer Davis‘ „Keep on running“ inspirierte „So easy“ oder „Up and Alive“. Vor allem aber ist es natürlich die Stimme von Tom Gaebel, die den Abend buchstäblich bestimmt. Sein dunkles Timbre und das reiche Volumen seines Gesangs überleben sogar den zu dumpfen Klang aus den Lautsprechern. Gaebel und seine Band wildern durch viele Schattierungen des Jazz und Swing, kommen neben dem Soul auch beim Bebob vorbei und statten sogar dem Mambo mehrere besonders begeisternde Besuche ab. Bei der Gelegenheit zeigt Gaebel gleich auch noch sein weiteres Talent am Schlagwerk, zunächst an einem kleinen Percussion-Set, später liefert er sich bei „Sing, Sing, Sing“ am Kinderschlagzeug ein Duell mit dem Trommler der Band. Dass er dabei auch noch Klamauk veranstalten kann, wie einst Jerry Lewis an seiner Schreibmaschine, unterstreicht seine Qualifikation als Entertainer. Ein herrlich beswingter Abend! – erschienen im Januar 2009 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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