Sie ist klein, kaum über einen halben Meter lang, hat nur vier Saiten und wird oft für ein Kinderspielzeug gehalten. Sie hat einen komischen Namen und lässt viele Menschen glauben, man höre das Rauschen der Südsee, wenn man sie ans Ohr hält. Ja, die Ukulele ist ein merkwürdiges und vielfach unterschätztes Musikinstrument, in der musikalischen Wahrnehmung rangiert es ungefähr im Bereich der Triangel. Aber es gibt sie, die Freunde und Bewunderer der Ukulele. Genug sogar, um alle Plätze im Robert-Schumann-Saal auszuverkaufen und lautstark ein großartiges Ensemble zu bejubeln, dass sich ganz diesem liebenswerten Schoßhündchen der Chordophone verschrieben hat. The Ukulele Orchestra of Great Britain, sechs Herren und eine Dame von den Britischen Inseln, führen mit dem Begriff Orchester zwar ein großes Wort für ein so kleines Instrument im Namen, doch was in den folgenden zwei Stunden auf der Bühne zu hören und erleben ist, rechtfertigt jede vermeintliche Anmaßung. Die Mitglieder des Orchesters sind äußerlich sehr unterschiedliche Typen, der gealterte Langhaarige sitzt neben dem Zweimeter-Mann mit Büro-Ausstrahlung, der schüchterne Postbote neben der exaltierten Dame mit grellem Kopftuch, aber alle eint das kleine Gezupfte auf dem Schoß. Zum Auftakt preschen die brav in schwarze Anzüge gekleideten Ukulelisten durch schnellen Dixieland-Jazz, angeblich komponiert von Marilyn Monroe, die man gleich noch zur Ukulelen-Virtuosin stilisiert. Ähnlich wird die Punk-Hymne „Should I Stay Or Should I Go“ von The Clash als spanisches Liebeslied angekündigt, dessen Text so viel bedeute wie „Ich hatte heute Fluss-Aal zum Abendessen“. Dieses Muster an herrlich schrägen Geschichten (die Nähe zu Monty Python ist unverkennbar) als Einleitung für wunderbar umgearbeitete Versionen großer Rock- und Pop-Songs erzeugt binnen kürzester Zeit eine sehr heitere Stimmung im Publikum. Vielfach wird gelacht, wenn nach den ersten Takten die Erkenntnis einsetzt, welcher Song da nun wieder umgekrempelt wurde. Selbst Lieder, die man nie außerhalb ihres natürlichen Habitats vermuten würde, schaffen es durch das Ukulele Orchestra of Great Britain problemlos auf klassische Konzertbühnen. Das krachige „Anarchy in the UK“ der Sex Pistols als schunkelige Country-Ballade oder ein ungestüm geschrammeltes „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana sind dafür Beispiele. Hinter dieser musikalischen Clownerei steckt eine ganze Schrankwand an Repertoirewissen und spielerischen Fähigkeiten. Zitate und Anspielungen werden ständig eingestreut, zwischenzeitlich singen sie mehrere Songs gleicher Akkordstruktur simultan übereinander. Wen es dabei angesichts der versteinerten Mienen und steifen Körperhaltung der Musiker beim Schreddern ihrer Ukulelen nicht vor Lachen zerreisst, kann weder Herz noch Ohr haben. Die Ukulele mag klein sein, aber an diesem Abend hat sie es uns mal so richtig gezeigt. – erschienen im Februar 2012 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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