"Tettanick mit Widobimser unsabuwer " Ohne seine sonst zum Markenzeichen avancierte Begrüßungsformel „Panzer, ich begrüße Sie“ betritt Dieter Tappert am Samstag Abend die Bühne der Philipshalle. Stattdessen wirft er den 2200 Menschen im Saal ein schüchternes „Huhu“ zu, dass er mit einem verhuschten Winken in Hüfthöhe unterstreicht. Tappert, den die meisten nur unter seinem Pseudonym Paul Panzer kennen, gibt während der Präsentation seines neuen Programms „Endlich Freizeit - Was für‘n Stress“ in 90 Minuten viele Preziosen aus dem Erfahrungsschatz seiner eigenen Freizeitgestaltung preis, die dem Publikum kaum eine Minute ohne Lacher lassen. Auf der Bühne findet sich zwischen zwei großen Videoleinwänden ein Panoptikum mannshoher Scherenschnitte, die mit Wald, Gebirge, Palmen und Hotel sowie einem Isetta-Wohnwagen-Gespann typische Ikonen der zweckfreien Betätigung zeigen - merkwürdigerweise lässt der Mann in grauer Flanellhose, roter Trimm-Dich-Jacke und Hemd im 70er-Jahre-Tapetenmuster sie alle unkommentiert. Stattdessen pflügt er mit dem humoristischen Feingefühl einer Panzerfaust durch die dunklen Schatten, die das Ungeheuer Freizeit auf das Leben eines verheirateten Mannes wirft. Schon Ötzi habe sich lieber mit Sandalen ins Hochgebirge begeben, als seine freie Zeit mit der Frau in der Höhle zu verbringen, wo diese, wie seine eigene Hilde, ständig an ihrem Steinzeitgatten herumnörgele. Auch Sohn Bolle biete keinen Grund zu Freude, zum einen sei dieser gerade im Abnehm-Camp („Ihm fehlten nur vier Kilo bis zur eigenen Postleitzahl“), zum anderen sei er durch unkontrollierten TV-Konsum derart verdummt, dass er für den Gang zur Mülltonne bereits Google Earth heranziehen müsse. Abgesehen von häuslichen Problemen, widmet sich der 37-Jährige weiteren Gefahren, wie etwa dem Gang ins Fitnessstudio. Oder besser, wie es bei Panzer klingt, „Fittnetz“-Studio. Mit seinem charakteristischen Sprachfehler sinniert er über dort anzutreffende „Botzibilder“, deren „Züschologie“ bei der Konfliktlösung („Paar auffe Fresse?“) sowie den „Stretz“, den solche Begegnungen auslösen. Natürlich kommt auch die „Aerotik“ zu ihrem Recht, profan auch „Zex“ genannt. Soviel sei verraten, in seiner Schilderung über den unfreiwilligen Besuch auf Hamburgs Reeperbahn spielen ein „Doberweiler“-Mischling namens „Mäuschen“ und mehrere sexuell ambivalente Figuren eine Rolle. Viel nachvollziehbarer sind da schon die Geschichten aus seinem Wohnzimmer, wenn er neudeutsch „am schillen is“. Zu diesem anglo-amerikanischen Ausdruck für Ruhe und Erholung gehöre bei Panzer untrennbar der Genuss von Filmen im Heimkino. Nichts gehe ihm über „Tettanick mit Widobimser unsabuwer“. Was der Dichter uns damit sagen will: Den Film „Titanic“ am Projektor (Videobeamer) schauen und den Klang aus dem Tiefbass-Lautsprecher (Subwoofer) hören. Viel „Applautz“, für den es eine Zugabe gibt. – erschienen im September 2009 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
Der Popwart
|