Gut sieht sie aus, die Minnelli. Ganz in zeitlosem schwarz, betritt sie unter tosendem Jubel und Standing Ovations die Bühne der nicht ausverkauften Düsseldorfer Tonhalle und ihr Lächeln, ihre Augen und die paillettenbesetzte Jacke glitzern unter der blau schimmernden Kuppel um die Wette. Selbst im roten Ferrarri-T-Shirt und Handtuch um den Hals macht sie eine gute Figur, als sie nach zwei Stunden rücksichtslosem Stimmeinsatz zur letzten Zugabe noch einmal auf die Bühne kommt. Aus der Distanz des Zuschauerraum betrachtet, der natürlichen Grenze für kosmetische Tricksereien, wirkt die 63-Jährige eigentlich nicht wie jemand, die sich auf ihren Konzertplakaten gute 20 Jahre weglügen lassen müsste. Das gehört wohl eher in die Kategorie „Altern in Würde für Anfänger“ und ist nur eine der vielen Facetten aus Liza Minnellis komplizierter Vita. Gegenstand ihres Auftritts ist zum Glück nur der künstlerische Bereich, eine Auswahl des Besten, was die Bühnen-Liza in ihrer langen Karriere groß gemacht hat. Und das ist natürlich in erster Linie der Fluch-Segen „Cabaret“, weiland ihr Durchbruch und bis heute ständiger Begleiter. Mit ihrer 12-köpfigen Bigband im Rücken, singt sie zum Auftakt „Teach me tonight“ und nutzt hierbei bereits die ganzen ihr zur Verfügung stehenden Raum der Bühne, um diesen mit all den in Jahrzehnten erprobten Gesten zu füllen. Auch wenn sich im Vergleich zu 1972 zwei neue Hüftgelenke, neue Zähne und ein neues Knie bilanzieren lassen und die Show-Gesten mitunter auch mal kleiner ausfallen, als sie einmal waren, sowie ihre Stimme in den dramatischen Ausbrüchen ins forte ihre Grenzen heute offener zeigt als früher, die Minnelli ist ein Weltstar allererster Qualität. Songs wie „Maybe This Time“, „Liza With a Z“, „The World Goes Round“ oder Charles Aznavours „What Makes a Man a Man“ sind naturgemäß der Rückschau verpflichtet, machen das Konzert zum Abend der Erinnerungen, sie zeigen vor allem den reichen Fundus an darstellerischem und interpretatorischem Talent der Minnelli. Ob Liza, die Exaltierte, die Ernste oder die Zerbrechliche, sie ist eine, die sich zur Schau stellt, die sich inszeniert und zelebriert. Da wird selbst das Hinsetzen auf den bereitstehenden Regiestuhl zum Baustein der Show, werden auch mal Songs kurz unterbrochen, um den Kniefall früherer Jahre an dieser Stelle vogelzeigend in Rente zu schicken. Die Minnelli verkörpert mithin eine aussterbende Art, ist vielleicht sogar die letzte lebende Vertreterin dieser Gattung aus einer Zeit, als Superstars noch nicht nur so hießen. Doch im Gegensatz zu anderen Entertainern, die nicht nur ihren Karrierehöhepunkt, sondern auch den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören überschritten haben, vermag Liza Minnelli noch heute zu faszinieren. Den Schlußpunkt unter ihr Konzert setzt sie mit „New York, New York“, jenem Lied, das 1977 für sie geschrieben wurde, ein anderer es aber erst zum Welterfolg machte. Dieser Song-Monolith ist natürlich eine sichere Bank, ist für jeden, der ihn sauber hinbekommt und die wichtigen Stellen nicht vergeigt, ein Auslöser für großen Applaus. Für eine mit allen Feuerwassern gewaschene Bühnenmalocherin wie Liza Minnelli ist es der Zünder für ein Finale furioso, zahllose „Bravo“ und „Liza“-Rufe inklusive. „I am much to look at“ singt sie. Und sie hat recht. – erschienen im Juni 2009 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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