Gute Gründe für die Ehrung des Düsseldorfer Musikers Oskar Gottlieb Blarr gibt es längst zuhauf, da kommt ein 70. Geburtstag als Anlass für ein „Konzert für Oskar“ gerade recht. Aufführungsort für das Programm, Franz Schuberts Sinfonie Nr. 1 D-Dur D 82, Olivier Messiaens „Oiseaux Exotiques“ für Klavier und Orchester und die Uraufführung von Blarrs Sinfonie Nr. 3 „Immanuel Kant“, ist das Foyer Deloitte & Touche. Der riesige Innenhof des futuristischen Baus erweist sich aber nicht als beste Wahl für ein Konzert. Wie das Gebäude viel Glas, aber wenig Durchblick bietet, so birgt der Saal auch für das Ohr kein großes Vergnügen. Gute vier, fünf Sekunden hallt der Klang von den Glaswänden wider und verwischt alle Struktur der Musik. Darunter leidet zunächst die erste Sinfonie des Melodie-Singvogels Franz Schubert. Zwar kämpft das alstadtherbst orchester (übrigens mit Festival-Leiterin Christiane Oxenfort an der Flöte) unter der Leitung von Martin Schmeding bewundernswert wacker mit wenig legato und verhaltenem Kraftaufwand dagegen an, aber dieser Akustik ist man letztlich ausgeliefert. Als ob das Gebäude es ein wenig wieder gutmachen will, tanzen die sich zufällig öffnen- und schließenden Jalousien der Fassade im Menuett ein kurzes Ballett. Unterstützt von Tobias Koch am Flügel sind es die Vogel-Studien Olivier Messiaens, mit der Martin Schmeding anschließend eine schillernde Schar exotischer Singvögel aus dem musikalischen Hut zaubert. Koch macht aus der Not eine Tugend und baut den langen Hall geschickt in seine rhythmisch leicht fließende Interpretation ein. Wie bereits ein anderer großer Komponist mit B hat auch Blarr seiner Sinfonie Nr. 3 einen berühmten Namen in den Titel geschrieben. Dort „Intitulata Bonaparte“, hier „Immanuel Kant“. Blarrs instrumentatorisch höchst diffiziles Werk ist angefüllt mit biographischen und programmatischen Bezügen zu Kant und seiner Zeit. Elf Schläge der Todesglocke erklingen ebenso wie Erinnerungen an barocke Chortraditionen, eine fugierte Diskussion der Solostimmen, loderndes Schostakowitsch-Trommelfeuer und sogar Vogelgezwitscher in Kants Garten. Nach reich applaudierten Vogelstimmen und musikalischer Denkarbeit kann man den Nachmittag wohl nicht schöner zusammenfassen, als mit der freundlich-neckischen Bemerkung, aufgeschnappt beim Verlassen des Saals: „Bei Dir piept’s wohl?“ – erschienen im Oktober 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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