„Florestan, Schweinekopp?“ Ja, man darf fragend den Kopf schütteln und sich wundern, was diese merkwürdige Äußerung wohl zu bedeuten hat. Konrad Beikircher erging es 1965 ganz ähnlich, als er aus Wien kommend das Rheinland unvorbereitet kennen lernte und ihm als junger Student der Psychologie, in korrektem rheinischem Zungenschlag „Züscholojie“ genannt, diese Sprachlaute von seiner Bonner Wirtin entgegen geworfen wurden. Beikirchers langwierige und leidvolle Aufgabe, das rheinische Platt auf eigene Faust erkunden zu müssen, bleibt dem Premierenpublikum seines Programms „Altes und Neues zwesche Himmel un Ääd“ in der ausverkauften Tonhalle erspart, denn der gut aufgelegte Gastgeber erklärt uns die hochkomplexe Sprache der zwischen Bonn und Düsseldorf Geborenen mit viel Leidenschaft und genussvoll auskostendem Sprachwitz. Im Nachhinein verklärt sich dabei die grob gestrickte Herzlichkeit, mit der ihm damals der zweifelhafte Kosename „Schweinekopp“ verliehen wurde, zu der von ihm so hoch geschätzten robusten Art der „rheinischen Aborigines“. Und mit „Florestan“ ist nicht etwa der befreite Gatte aus Beethovens Oper Fidelio gemeint. Nein, Beikircher entwirrt die ineinander verschobenen Laute, bis sich schließlich die hochdeutsche Frage nach der Uhrzeit herausschält: „Wie viel Uhr ist denn?“ Dass Konrad Beikircher die Premiere seines Programms, eine Melange aus alten und neuen Texten, in Düsseldorf platziert, ist kein Zufall. Beinahe reumütig räumt der sympathische Plauderer an seinem kleinen Stehtisch ein, der Landeshauptstadt in den letzten Jahren doch etwas arg zugesetzt zu haben und sein Bild des „rheinischen Universums“ etwas zu stark auf die stromaufwärts liegende Domstadt zentriert zu haben. Nach dem Studium der Düsseldorfer Stadtgeschichte müsse er aber das Bild revidieren, denn noch 1288 hätten Düsseldorfer und Kölner in der Schlacht von Worringen Seite an Seite erfolgreich gegen „fiese Drecksäcke“ gefochten. Um diesen gemeinsamen Geist zu bewahren, schießt sich Konrad Beikircher auf sein letztes verbliebenes Feindbild ein, den Westfalen. Für diesen, sich angeblich nur durch Pollenflug fortpflanzenden Menschenschlag, stimmt er zum Schluss noch die bejubelte, schelmisch intonierte Version der Westfalen-Hymne an. Riesiger, verdienter Applaus. – erschienen im Januar 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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