Die Vorweihnachtszeit ist bekanntermaßen eine anstrengende und ermüdende Zeit. Das erhöhte Laufpensum auf der Pirsch nach der passenden Gabe für die Lieben, gepaart mit den üblichen Widrigkeiten des Alltags, zehrt an der Durchhaltekraft. Besucht man dieser Tage auch noch eine Aufführung des Johann Sebastian Bach’schen Weihnachtsoratoriums, bei der sanfter Kerzenschein heimelig leuchtet, der feine Duft einer großen Tanne Nase und Gemüt streichelt und die Musik des großen Thomaners den Ohren schmeichelt, kann es manch einer nicht vermeiden, dass ihm die matten Lider niedersinken. Ein wirkungsvolles Rezept gegen diese adventliche Entkräftung präsentiert Sebastian Voges in der von Kerzenschein illuminierten Lutherkirche. Im zweiten Konzert der Gesamtaufführung von Bachs Weihnachtsoratorium stehen die im Vergleich zu den Teilen I bis III eher seltener aufgeführten Kantaten IV bis VI auf dem Programm. Voges, als Dirigent und Bass-Solist in einer Doppelrolle, legt mit schnellen Tempi den Grundstein für eine reizvolle und stärkende Aufführung. Das concertino düsseldorf agiert unter Voges Zeichengebung zuverlässig und ausdauernd. Streicher, Orgel und Holzbläser zeigen sich gut präpariert, lediglich im Blech sticht es zeitweise etwas herb hervor. Die Kantorei an der Lutherkirche legt viel Engagement in die Choräle, leidet aber wie so oft an der Unterzahl männlicher Stimmen, die in den offenen Stellen etwas zu dünn erscheinen. Voges überlässt bei kleinen Ensembles den Musikern die Regie, was Intimität und Innigkeit erzeugt. Nur eine noch deutlichere dynamische Abstufung seitens Chor und Orchester könnte eine noch stärkere emotionale Differenzierung bewirken. Überzeugend gelingen auch die Beiträge der Solisten. Neben Sebastian Voges, dessen Bass nach eigener Aussage etwas angeschlagen sei und wirklich etwas belegt klingt, liefert Markus Heinrich einen soliden Tenor mit sehr guten Koloraturen ab. Debra Hays’ Sopran ist schön, aber etwas zu leise, um sich in Ensembles durchzusetzen. Höhepunkt des Abends ist der Alt von Cornelia Maria Orendi. Ihre dunkle Stimmfarbe klingt reif und sanft modelliert. Aus den voll besetzten Bänken dankt langer Applaus für ein Konzert, das anregt, die Kantaten IV bis VI ruhig öfter aufs Programm zu setzen. – erschienen im Dezember 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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