Es ist ja schon ein bisschen komisch, wenn ein 70-Jähriger Mann lautstark beteuert, er sei eine Sex Maschine. Und auch die wiederholten Beteuerungen, sich wirklich gut zu fühlen, haben bei Menschen solchen Alters immer einen etwas merkwürdigen Touch. Darüber können auch ein strammer schwarzer Satinanzug und eine pfiffige Betonfrisur nur schwer hinwegtäuschen. James Brown heißt der Soul-Rentner, der sich zu seinem einzigen Konzert in Deutschland standesgemäß in weißer Stretchlimousine chauffieren lässt und die Vorfreude seiner Fans zu Beginn des Konzerts erst einmal lockere 15 Minuten von seinen einheitlich in roten Dienstanzügen livrierten Musikern, Backgroundsängerinnen und eigenem Ansager mit einem Medley seiner größten Hits aufkochen lässt. Als der Godfather of Soul schließlich unter allerlei Show-Tändeleien auf dem Podium der Kölner Philharmonie vor seinen zahlreichen Jüngern erscheint, ist die Menge bereits weitgehend kritiklos bereit, sich dem lauthals gepriesenen Seelenheil der schweißtreibenden Art hinzugeben. Pater Brown kann narrenfrei agieren, die Fans bejubeln frenetisch jeden seiner angedeuteten Tanzschritte, wenn auch mancher davon nicht mehr so behende daherkommt wie einst. Aber wer will das mit 70 auch erwarten? Sowohl als Showman als auch stimmlich hat James Brown nichts an Ausstrahlung und Kraft eingebüßt. Er ist erstaunlich gut beieinander, wenn er unter anderem seine Hits „I feel good“, „It’s a man’s world“ oder natürlich den ultimaten Brown-Song „Sex Machine“ präsentiert. Wesentlichen Anteil an seiner Leistung haben wie so oft die Begleitmusiker, die Brown musikalisch in den Himmel heben. James Brown hat sich ganz offenkundig einige der besten Instrumentalisten ihres Fachs zusammengestellt. Die teilweise mehrfach besetzen Parts (zwei Schlagzeuger, drei Gitarristen, zwei Bassisten sowie drei Bläser und ein Perkussionist) liefern ein derart knackiges, präzises und knochentrockenes Funk- und Soulfundament ab, das einem glatt die Spucke wegbleibt. Nach rund zwei ekstatischen Stunden ohne Zugabe entschwindet der Meister wieder. Man sollte beten, dass er bald wiederkommt. – erschienen im November 2003 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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