Nach 50 Jahren seines Daseins auf der Erde hat Helge Schneider offenbar alles erreicht, was dieser Planet für ein Menschenleben bereithält. Er hat als Komiker, Regisseur und Musiker unzählige Erfolge gefeiert, als Autor und Kommissar schwierigste Kriminalfälle gelöst und auf eigenen Füßen gedanklich den Erdball umrundet. Nur so lässt sich nachvollziehen, dass Helge Schneider neue Ziele sucht, die höher gesteckt sind als alles zuvor. Es ist der Griff nach den Sternen, zu dem er sich auf seiner aktuellen Tournee anschickt. In den Konzertsälen der Republik will Schneider den "Kampf im Weltall" aufnehmen. Die Düsseldorfer Tonhalle ist dabei an zwei ausverkauften Abenden Schauplatz des intergalaktischen Geschehens. Der Ort ist klug gewählt, was sonst könnte besser für den kosmischen Clown geeignet sein als die blau schimmernde Sternenkuppel? Unterstützt von Schlagzeuger Pete York, dem langjährigen Teekoch und Auszubildenden Bodo Oesterling sowie dem heimlichen Star und hoffnungslos untalentierten Ausdruckstänzer Sergej Gleithmann nimmt Helge Schneider die Bühne in Beschlag. Mit schief sitzendem schwarzen Anzug und Kummerbund schlendert er nonchalant in schwarzen Lackschuhen ("Die sind original von Vico Torriani, habe ich bei ebay ersteigert") vor den johlenden Fans auf und ab, wobei er stolz die geschminkte Zahnlücke, das blaue Auge und die rote Nase ins Scheinwerferlicht hält. Dem anklagenden Untertitel des Konzertprogramms "Sie wollten mich zum Affen machen" braucht man kaum Glauben zu schenken - das erledigt der Chef schon mit Freuden selbst. Nach einem herrlich albernen Solo am Kinderschlagzeug schwingt sich Helge hinter seine von ungelenken Fingern mit Flammen bemalte Hammond-Orgel, um durch seinen bekanntesten Hit "Katzeklo" zu sprinten. "Wir spielen es direkt am Anfang, dann haben wir es schnell hinter uns", grinst er in den Saal. In den folgenden zwei Stunden bringt Helge viel Bekanntes, variiert und improvisiert aber quer durch seinem humoristischen Kosmos, so dass man immer wieder über die alten Gags des kaputten Mikrofons, dem Lied vom Meisenmann, den Erzgebirge-Männchenschnitzer-Blues und der Udo-Lindenberg-Persiflage herzlich lachen kann. Zwischendurch darf man auch erneut über Schneiders musikalische Fähigkeiten staunen, wenn er mit rechts Trompete spielt, sich links dazu auf der Orgel begleitet und gleichzeitig mit den Füßen die Bassregister und das Lautstärkepedal bedient. Und wer glaubt, es ginge nicht bizarrer als der langhaarige Halbglatzenträger Gleithmann mit Vollbart, der sich im senfgelben Nicki-Overall zu Deep Purples Rockhymne "Smoke on the Water" unbeschreiblich behämmerten Tanz-Verrenkungen hingibt, der hat nicht erlebt, wie Helge Schneider mit Langhaarperücke an der Orgel "Georgia on my mind" spielt und sich dabei den Text vom Schlagzeuger herübersoufflieren lässt. Ein überirdischer Abend. – erschienen im März 2006 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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