An sich ist Helge Schneider ein ausgesprochen heimatverbundener Mensch. Seit Jahr und Tag wohnt und lebt er in seiner Geburtsstadt Mühlheim an der Ruhr, Gedanken an einen Umzug sind für ihn kein Thema. "Nee, da wo ich wohne ist es so schön, das kann man sich kaum vorstellen und das Wetter ist auch gut", bekannte er sich einst zu der kleinen Stadt im Ruhrgebiet. So nimmt es sich denn auch nicht Wunder, dass Helge Schneider nicht einmal für eine Expeditionsreise rund um die Welt das Haus verlässt. Alles, was er benötigt, um ein Buch wie seinen zuletzt erschienenen Reisebericht "Globus Dei" zu verfassen, findet er offenbar am Schreibtisch in Mühlheim an der Ruhr. Auf 125 Seiten kann man hier nachlesen, was der gefühlte Enkel von Roald Amundsen und Sir Robert Scott auf seiner Tour vom Nordpol bis Patagonien so alles erlebt hat. Doch selber lesen ist bei einem Autor wie Helge Schneider nur der halbe Spaß. Weitaus lustiger wird es, wenn Schneider selbst Stimme und Augenbraue erhebt und seine Texte rezitiert. Die jüngste Gelegenheit bietet sich dazu im Savoy Theater, wo ein gut aufgelegter Schneider die Bühne betritt und zum Einstieg erst einmal "Grüße aus dem Wienerwald" auf einer quietschigen Mini-Orgel anstimmt. Er sei ein wenig erkältet, sagt Helge, doch das schade ja der Märchenonkel-Erzählstimme eigentlich nicht. Zum Beweis beginnt er mit ausgeprägt knarziger Stimme seine Lesestunde mit dem ersten Buchkapitel über den Nordpol. Untermalt von der sirenenartig winselnden Orgel treibt er die Artikulation der einzelnen Worte umgehend ins Absurde, kaum verständlich zerkaut er die einzelnen Silben und Buchstaben im übertrieben erschöpften Tonfall des einsamen Expediteurs. Später verfällt er auch in friesischen Singsang, imitiert Peter Maffay oder sächselt steinerweichend. Der ausverkaufte Saal liegt ihm hier bereits kichernd zu Füßen. Doch trotz aller skurrilen Geschichten über halbgefrorene Stiefel, Eisbärexkremente im Polarrucksack von Tchibo oder Rezepte aus Salz und Pfeffer gegen anfrierende Augenlider, "Globus Dei" ist nicht Schneiders bestes Buch. Zwar ist vieles darin ganz witzig, man kann auch oft schmunzeln, doch so richtig lustig wird der Abend erst, als Schneider seinem Text spontanen Irrsinn hinzudichtet, wenn er beginnt zu improvisieren und den vermeintlichen roten Faden komplett über Bord wirft. Dann liest er nur noch quer durch sein Buch wahllos kurze Sätze, versieht sie mit lakonischen Kommentaren und lässt so die Helge-typischen Albernheiten entstehen. Nach so einer weltumfassenden Reiseerfahrung ist klar, welches Ziel sich für Helge Schneider als nächstes stellen wird. Es bleiben ja eigentlich nur noch die Weiten des Raumes. Diesen Schluss legt zumindest der Titel des neuen Programms "Kampf im Weltall" nahe, mit dem Helge Schneider Anfang März nächsten Jahres in Düsseldorf wieder zu sehen sein wird. – erschienen im Oktober 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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