Es ist erst knapp 50 Jahre her, dass alle fünf Akte der zweiteiligen Oper "Die Trojaner" von Hector Berlioz an einem Abend des Jahres 1957 zusammen aufgeführt wurden. Zuvor wurde die Oper stets an zwei Abenden getrennt gespielt, zumeist sogar nur einer der beiden Teile allein. Selbst Berlioz hörte zu Lebzeiten nur den zweiten Teil seiner monumentalen Heldenverehrung. Stattgefunden hat die erste Gesamtaufführung aber noch nicht einmal in Berlioz französischer Heimat, sondern am Covent Garden in London. Erst weitere 21 Jahre hat es gedauert, bis in Marseille das kolossale Mythenwerk 1978 am Stück über die Bühne ging. Die Gründe für diese lange Vernachlässigung sind nicht einfach zu finden, allein die Spieldauer kann es nicht sein, ein "Siegfried" oder eine "Götterdämmerung" sind ein gutes Stück länger. Beim Werkstattgespräch im Düsseldorfer Opernhaus zur bevorstehenden Premiere der "Trojaner" am 29.10. wundern sich die Beteiligten ebenfalls über diese schmähliche Rezeptionsgeschichte. Befragt von Dramaturg Peter Heilker erzählen Regisseur Christof Loy, Bühnenbildner Herbert Murauer, die Solisten Evelyn Herlitzius (Kassandra), Jeanne Piland (Dido), Katarzyna Kuncio (Anna), Albert Bonnema (Aenneas) sowie der Marburger Professor Hermann Hofer dem reichlich erschienenen Publikum etwas vom trojanischen Pferd. An der Deutschen Oper am Rhein kommt das Stück nach 10 Probenwochen zum allerersten Mal auf den Spielplan. Dabei werden die Akte I und II im Theater Duisburg ab 15.00 Uhr zu sehen sein, um 19.30 Uhr geht es dann in Düsseldorf mit den Akten III bis V weiter. Diese außergewöhnliche Aufteilung einer Oper auf zwei Häuser sei nie passender gewesen als im Fall der "Trojaner", so Peter Heilker. Es gäbe kaum eine bessere Gelegenheit, die seit 50 Jahren bestehende Theater-Ehe von Düsseldorf und Duisburg zu feiern, des weiteren ist der gigantische Apparat der Bühnenbilder eigentlich nur auf zwei Bühnen realisierbar. Auf die Frage, ob die Odyssee von Duisburg nach Düsseldorf nicht der Stimme schade, antwortet Aeneas-Darsteller und Tenor Albert Bonnema gelassen: "Solange mich eine große Limousine fährt, mache ich das gerne." Einen ganz besonderen Auftritt hat sich der musikalische Leiter John Fiore zurecht gelegt. Am Flügel liefert der bekennende Berlioz-Fan im prestissimo eine überaus lebhafte Inhaltsangabe des "französischen Rings" mit vielen kurzen Musikbeispielen ab. Mehrmalig sieht man ihn mit ausgebreiteten Armen wie ein Adler vor dem Instrument flattern, um der klanglichen Dramatik auch optisch gerecht zu werden. Wie immer gründlich vorbereitet, zieht er während seines humorigen Vortrags eine CD mit der kompletten Werkeinführung aus der Hosentasche. Vielsagender Titel, der auch auf das Werkstattgespräch gepasst hätte: Die John-Fiore-Show! – erschienen im Februar 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
Der Popwart
|