Mit einem Klang-Experiment der besonderen Art stellt sich das neu gegründete Institut für Musik und Medien an der Robert Schumann Hochschule vor. Im Partika-Saal präsentiert der Leiter des neuen Instituts, Prof. Hans-Joachim Haas, das künstlerische Forschungsprojekt zur Entwicklung einer neuen Klangdramaturgie durch 5.1 Surround-Sound-Technik, dargestellt am Beispiel von Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Elias“ op. 70. Anfang des Jahres hatte man dazu eine Aufführung des Elias mit 44 Mikrofonen aufgezeichnet und für die Wiedergabe in Surround-Sound gemischt. Im Unterschied zu herkömmlichen HiFi-Systemen, die bei Mono nur einen einzigen und bei Stereo rechts und links immerhin zwei Lautsprecher zur Tonwiedergabe haben, verfügt eine 5.1 Anlage über insgesamt sechs Boxen. Der Hörer sitzt nicht mehr frontal davor und lauscht, sondern befindet sich im Zentrum des Klangs, umrahmt von den einzelnen, rings um ihn platzierten Klangquellen. Der unmittelbare Höreindruck ist in seiner unmittelbaren Präsenz schlicht gewaltig. Die 5.1 Technik, eigentlich mehr in großen Kinos oder audiophilen Kellerstudios zuhause, ermöglicht aber nicht nur sensorisch beeindruckende Hörerlebnisse. Auch die raumklangliche Ausdeutung von Text und Partitur, für die Hans-Joachim Haas sowohl psychologische Hörphänomene (so haben Geräusche von hinten immer etwas Alarmierendes) als auch akustische Eigenheiten des Raums nutzt, ermöglicht eine ganz neues Hören der Musik. Vor den Ohren des Publikums teilt sich das Orchester wie das rote Meer, man hört die Stimme des Propheten quer durch den Raum in die Wüste wandern und wird sogar Ohrenzeuge göttlichen Widerhalls auf ein Gebet des Elias. Die Verwendung dieser Klangtechnik für ein Oratorium ist also durchaus nicht nur bloße technische Spielerei, sondern echte künstlerisch-interpretatorische Arbeit, deren Anliegen es ist, die im Werk angelegte Emotionalität durch akustische Höreffekte direkt erlebbar zu machen und zu steigern. Man kann nun sicher streiten, ob wirklich jeder technische Effekt einen Bezug zum Werk hat oder nicht doch schon die Grenze zum Selbstzweck berührt. Aber es sind eine Menge bereichernder Denk- und Höranstöße, die das Experiment haben gelingen lassen. Als Nächstes ist übrigens eine Klangdramaturgie für Giuseppe Verdis Requiem geplant. Dafür sollte man schon mal die Ohren steif halten! – erschienen im Oktober 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
Der Popwart
|