Dass es Geschichten von Liebe und Eifersicht oft mächtig in sich haben, wussten schon die alten Ägypter. Zumindest scheint dies auf die Vorstellungswelt eines Giuseppe Verdi zuzutreffen, weshalb er mit der Aida eine Oper aus pharaonischer Zeit geschaffen hat, deren Handlung an emotionaler Tragik kaum zu überbieten ist. Von ihrer Premiere am Suez-Kanal war es ein langer Weg zur jüngsten Aufführung am Spiegelweiher von Schloss Benrath, an dem die Tragödie der „amor fatal“ nun von den Musikern der Loreley Klassik gegeben wird. Für die Sänger und Musiker ist es eine besondere Herausforderung, die dramatische Zweischneidigkeit der Partitur herauszuarbeiten. Kaum ein Werk verdichtet derart die zwickmühlenartige Situation seiner Protagonisten, die zwischen Liebe und Pflicht hin und her gerissen werden. Sei es Aida (Michèle Crider, mit fantastischem piano), die weder ihrem Vater Amonasro (energisch: Predag Stojanovic) noch ihrem geliebten Radamés (mit auffälligem Vibrato: Lawrence Bakst) Siegesglück im Krieg wünschen kann, da dies zwangsläufig den Tod des jeweils anderen zur Folge hätte, oder sei es die nicht minder tragische Amneris (überragend: Eugenie Grunewald), Tochter des Königs (stark: Alexander Teliga), die den ebenfalls geliebten Radamés von Aida trennen will aber durch ihr eifersüchtiges Taktieren das Todesurteil durch Ramfis (kraftvoll: Lothar Fritsch) mitverschuldet. Die pyramidenschwere Last auf den Schultern der Figuren wird nicht nur von den Solisten beeindruckend gut dargestellt, sondern auch von Chor und Orchester der Loreley-Festspiele unter Ivan Anguélov mit viel Anteilnahme und ausgezeichneter Artikulation mitgetragen. Chor und Orchester sind für Verdi’sche Verhältnisse zwar eher klein, zeigen sich aber unterstützt von moderner Klangverstärkung sehr gut auf die Gegebenheiten eines Openair-Auftritts eingestellt. Schade nur, dass ausgerechnet die Aida-Trompeten an „ihrer“ Stelle im Triumphmarsch den Einsatz verkieksen. Auch das Bühnebild (Rolf Cofflet) scheint mit seiner strengen Symmetrie zu versuchen, den schmerzlich asymmetrischen Gefühlen Halt zu geben. Gerade in den großen Duett- und Ensembleszenen stehen die Akteure weit von einander entfernt, so dass musikalische Nähe und räumliche Trennung augenfällig die gespaltene Gefühlslage illustrieren. Nach dem Finale belohnt langer lebhafter Applaus die Künstler. – erschienen im August 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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Der Popwart
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