Die Einladung von Mark-Andreas Schlingensiepen zum Konzert des notabu.ensembles neue musik im Hentrich-Saal der Tonhalle lässt beruhigt aufatmen. „Neugier genügt“, entnimmt man den Ankündigungen im Vorfeld des von der Komponisten-Initiative Input-Output konzipierten Programms. Schlingensiepen spielt also den Ball der Erwartungen angenehm flach und vermeidet jegliche Assoziationen an angespannte Veranstaltungen für Elite-Hörer. Vielmehr öffnet sich das dadurch entspannte Ohr für sinnliche Klangempfindungen, die sonst in dem durch zu lange Lausch-Analysen verhornten Gehörgang verloren gehen könnten. Neugier ist nicht nur ein gangbarer Weg zur unbefangenen Begegnung mit Unbekanntem und Neuem, sie ist mithin kein schlechter Antrieb für musikalische Aktivitäten. Die Gier nach Neuem, nach Neuer Musik im speziellen, war es schließlich, die der Entstehung des notabu.ensembles einst entscheidenden Vorschub leistete. Die im nur halb besetzten Hentrich-Saal präsentierten Stücke für unterschiedliche Konstellationen von Blasinstrumenten machen ausgiebig Gebrauch von den Extremen, die den Geräten an Spieltechnik und Klang zu entlocken sind. Schwer zu glauben, dass es die exzellenten Musiker Stefan Oechsle (Flöten), Georg Bongartz (Oboen), Christof Hilger (Klarinetten), Markus Weißer (Horn) und Werner Brandt (Fagott) ohne weiteres übers Herz bringen, ihre Instrumente zeitweise derart respektlos zu behandeln, wie es sonst nur Menschen in völliger Unkenntnis von deren materiellem Wert tun würden. Nicolaus A. Hubers „Mit Erinnerung“ für Solo-Fagott schreibt überdies dem Spieler sogar bestimmte Zungen- und Mundstellungen vor. Neben Werken von Milko Kelemen, Günther Becker und Raimund Jülich bleibt Christian Banasiks „dressing old words new“ für Bass-Klarinette und Tonband (letzteres vom Komponisten selbst bedient) in besonderer Erinnerung. Darin verfremdet er eine Rezitation eines Sonetts von William Shakespeare durch mehrfache Wiederholung und akustische Permutation. Ganz wörtlich dem Titel entsprechend werden die alten Worte des literarischen Briten in immer neue, auch schroffe und futuristische Klangkleider gehüllt. „Shakespeare reloaded“ hätte man das Stück auch nennen können. Dankbarer Applaus für reichlich gestillte Neugier. – erschienen im November 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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