50 Jahre lang hat sich Peter Kraus einen Traum bewahrt. 50 Jahre, in denen er davon geträumt hat, endlich mit Songs von Chuck Berry oder Little Richard auf der Bühne zu stehen, die er damals 1955 als 16-Jähriger mit großen Ohren und Augen hörte. 50 Jahre einer Karriere, in denen er sich zunächst mit Dingen beschäftige, die zwar nicht so viel mit dem von ihm so verehrten schwarzen Rock'n'Roll zu tun hatten, ihn aber dennoch zu dem Teenager-Idol der Fünfziger Jahre werden ließen. Eine Zeit, als Teenager noch Backfische hießen und Songs wie "Johnny B. Goode" von Chuck Berry oder "Tutti Frutti" von Little Richard für viele den sittlichen Untergang des Abendlandes markierten. Klar, dass sich da ein Tollen-Idol im braven Anzug nicht mit den Insignien des damals harten Rock schmücken durfte. "Ich war ein echtes Vorbild, die Fans schauten zu mir auf, orientierten sich sehr stark an mir. Da war es überhaupt nicht angemessen, mit Glimmstängel oder gar Drogen rumzuhängen." Was sich übrigens auch auf die offenbar eiserne Gesundheit ausgewirkt hat. Kaum jemand steht in Deutschland nach wie vor für den ewigen Dreiklang aus Fifties, Rock'n'Roll und Jugendlichkeit wie der immer noch drahtige Peter Kraus. "Aber auch wenn es viele enttäuscht, ich sitze zu Hause nicht am Nierentisch mit Tütenlampe" rückt der mittlerweile 67-Jährige das erste Vorurteil zurecht. Dem zweiten setzt er auch gleich nach: "Die Fünfziger waren keine gute alte Zeit, eigentlich waren sie eine scheußliche Zeit. Es war Aufbau nach dem Krieg, wir hatten nichts. Zwar verspürten wir alle einen unheimlichen Willen in uns, aber der Zeit als solcher trauere ich nicht nach." Spricht's und zupft das leger aufgeknöpfte Hemd zurecht. Aber es sind eben jene musikalischen Revoluzzertöne, die während der Wirtschaftswunderzeit aus den USA in die deutsche Provinzstuben schwappten, die seitdem immer ihren festen Platz in Peters Herz hatten und die er jetzt während seiner "I love Rock'n Roll" Tournee in seinem typischen Idiom intoniert. „35 Songs pro Abend und kein einzig schlechter ist dabei“, schwärmt er, „und selbst wenn mal einer nicht so gut ankommt, hätten wir mindestens 15 Songs als Ersatz“. Tatsächlich gibt es neben dem Titelsong von Joan Jett noch den einen oder anderen zeitlichen Ausreißer aus den 50ies, doch umhüllt Peters Stimme noch jedes raue Riff mit der milden Schwiegersohn-Spülung, die ihm immer noch in die Herzen der Fans öffnet. Schickt es sich denn heute eigentlich noch, mit seniorigen 67 die nachgesungenen Lieblingssongs eines halbstarken Pomadenfreunds auf die Bühne zu bringen? "Wenn man's kann, ja" gibt der feixende Peter Kraus zurück und zupft sich's Hemd noch mal in Form. "Andere machen viel verrücktere Sachen. Ich bin da doch lieber altmodisch. Für mich ist das Singen auf der Bühne die Erfüllung meines Traums." Und wie das nun mal so ist, wenn Teenager träumen. Man kann sie einfach nicht davon abhalten. Wie lange es noch den rockenden Bühnen-Peter geben wird, lässt er offen. "Das entscheidet das Publikum. Vielleicht mache ich mit 70 mal eine Abschiedstour. Die Erste." – erschienen im November 2006 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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