![]() Die meisten Unfälle passieren ja bekanntlich im Haushalt. Zu welch absonderlichen Missgeschicken es aber führen kann, wenn sich unsägliches Pech und auf sinnliche Stimulierung zielende Kreativität die unglückseligen Hände reichen, bekommen die Besucher des ausverkauften Savoy Theaters von Charlotte Roche und Christoph Maria Herbst in einer denkwürdigen Lesung referiert. Roche, unlängst geschasstes Viva-Juwel, und Herbst, „Ladykracher“-Kollege von Anke Engelke, zitieren wörtlich aus einer Dissertation, mit der ein Urologe 1978 seine Doktorwürde erlangte: „Penisverletzung durch Masturbation mit Staubsaugern“. Neben den beiden um bestmögliche Ernsthaftigkeit bemühten Dozenten ist auch der an den meisten Unfällen dieser Art beteiligte Sauger auf der Bühne präsent. Laut Statistik, so lernen wir, näherten sich die meisten der vorgestellten Fälle dem Modell „Kobold“ aus dem Hause Vorwerk in spannungslösender Absicht. Bei der folgenschweren Begegnung von Mann und Maschine kommt es dabei zu einem unfairen Wettkampf zwischen einem mit 18.000 Umdrehungen pro Minute rotierenden Propeller und der Reaktionszeit des triebhaft bewegten Geräteeigners. Auf groß projizierten Schautafeln werden die grotesken Schlamassel in eindeutigen Bildern dokumentiert. In den detailreichen Ausführungen über die Anatomie von erektilem Gewebe und elektrischem Partikelknecht wird besonders die gefährlich kurze Distanz von nur 11 cm deutlich, gemessen von der Öffnung des Saugstutzens bis zu den Rotorblättern. Die daraus resultierenden Szenarien sind durchsetzt von so schauderhaften Worten wie zerfetzt, abgetrennt, Riss/Quetsch-Wunde bis hin zum mehrstrahligen Wasserlassen. „Wir wollen uns auf keinen Fall über jemanden lustig machen“, versichert Herbst. „Aber diesen Fällen haftet eine unglaubliche Tragikomik an, die wir mitteilen und so auch über Gefahren aufklären wollen.“ Großes Gelächter ernten vor allem die inspirierten Ausreden der Patienten. Da werden hanebüchene Geschichten um „unglückliche Stürze“ und „nackt staubgesaugte“ Pkw-Interieurs gesponnen, um den wahren Hergang des Malheurs zu vertuschen. Nach einer leider viel zu kurzen Stunde werden die freudig applaudierenden Zuhörer wieder in das gefährliche Haushaltsleben entlassen. Der „Kobold“ wurde übrigens auf Grund dieser und ähnlicher Erkenntnisse später umkonstruiert und „entschärft“. – erschienen im Januar 2005 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
Der Popwart
|