Der Altstadtherbst hat seinen Sommerschlaf beendet und öffnet zum mittlerweile 14. Mal seine vielen in Düsseldorf verstreuten Türen den interessierten Gästen. Traditionsgemäß findet das Eröffnungskonzert des Kulturfestivals wieder in der St. Andreaskirche statt, ebensolche Tradition ist es geworden, dass sich Ulrich Brall mit dem Chor des Görresgymnasiums und der ehemaligen Hofkirche St. Andreas sowie dem Orchester Westdeutscher Sinfoniker vor dem kirchenfüllenden Premierenpublikum platziert. Zur Ouvertüre des Festivals erklingt passenderweise ein Beethovensches Orchesterstück der gleichnamigen Gattung, die Ouvertüre „Coriolan“. Die folgenden Stücke, Gabriel Faurés „Cantique de Jean Racine“ in einer Bearbeitung von Peter Korfmacher und Gioacchino Rossinis „Stabat Mater“, fügen sich wunderbar in die Andreaskirche ein, kommt doch damit geistlich motivierte Musik an sakralem Ort zur Aufführung. Fraglich bleibt aber bei der Programmauswahl, warum bei einem doch eher heiteren Anlass wie dem Festivalauftakt so traurige und tragische Themen behandelt werden? Ein zerknirscht-reuiger Verräter wie Coriolan, den es gar in den Freitod treibt, oder auch die schmerzensreiche Mutter Gottes unter dem Kreuze sind vielleicht nicht das, woran man bei einer fröhlichen Eröffnungsfeier als Erstes denkt. Umso erfreulicher ist es dagegen, mit wie viel musikalischem Enthusiasmus derlei betrübliche Themen präsentiert werden. Zwar neigt Ulrich Brall anfangs noch dazu, der Musik einen sehr romantisch-breiten Gestus zu verordnen. Sein Coriolan strömt in dickflüssiger Tragik daher und riskiert ein gefährliches Spiel mit der Massenträgheit. Brall ist aber durch seine einsatzfreudigen Gesten und energisch fordernden Stabzeichen wirksam in der Lage, dem Verharren in Stillstand vorzubeugen. Schon bei Fauré belebt sich das Bild spürbar, vor allem aber bei den A-capella-Stellen in Rossinis temperamentvollem Werk zeigt dann insbesondere der Chor des Görresgymnasiums eine klanglich und intonatorisch sehr gute Leistung. Bei den Solisten sind es die Damen Janice Dixon (Sopran) und Yvonne Schiffelers (Mezzosopran), deren Duette und Soli durch Kraft und Ausstrahlung jede herbstliche Trübsal zu vertreiben wissen. Mit ihrer bravourösen Leistung können sie ihre Kollegen Andrej Dunaev (Tenor) und Franz Gerihsen (Bass) überstrahlen. Stehende Ovationen für einen hervorragenden Einstieg ins kulturelle Spätjahr. – erschienen im September 2004 in der Westdeutschen Zeitung Düsseldorf
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