Hach, gibt so Abende...
Groß war die Vorfreude, nicht nur bei uns. Aus guten Gründen ist das Luxor pickepacke voll, schließlich sind die Backyard Babies seit längerem nicht mehr hier in der Nähe gewesen. Der freundliche Herr am Merchandising-Stand versäumt die Gelegenheit nicht, mich auf seine Weise auf diesen Umstand hinzuweisen: "Man, you must be old! I sell Backyard Babies T-Shirts for 17 years now and yours was even before my time!"
Ja, schönen Dank, die 90er fühlten sich nie weiter weg an... Dann gib mir halt ein aktuelles Shirt, alte Krämerseele, wenn mich das für Dich jünger macht.
Schön, kommen wir zurück zur Sachebene. Die Backyard Babies im Luxor, the hardest working Band from Sweden - das passt schon von weitem. Einer der letzten Archetypen eines Rock'n'Roll Clubs, der an diesem Mittwoch abend vier der archetypischsten Rock'n Rollern eine Bühne bietet, die wir derzeit noch haben. Apropos Archetypen, die wir noch haben: Nur einen Tag vorher waren Motörhead in der Nachbarschaft zu Besuch. Ein schöner Zufall, die zwei mal zeitlich und örtlich so nah beieinander arbeiten zu sehen. Wenn auch die Sorge um die Standfestigkeit von Lemmy mittlerweile Bestandteil eines Motörhead-Konzerts geworden ist. Auf der anderen Seite dagegen Nicke Borg, Dregen, Johan Blomqist und Peder Carlsson, die es immer noch wie keine andere Band verstehen, in drei Minuten Punkrock so viele Posen wie möglich unterzubringen. Höchstens die seligen Gluecifer konnten weiland ähnliches vollbringen, aber die haben es wiederum nicht mehr geschafft, aus den trüben 90er wieder aufzutauchen. Jenseits von den "messy memories", die Nicke verschmitzt grinsend andeutet, Auflösungen und Solo-Läufen stehen die Backyard Babies 2015 in Köln voll im androgynen Saft und anachronisieren sich und ihre Musik mit nachdrücklich aufgestampften Akkorden. Zur Eröffnung hauen sie "Th1rt3en or Nothing" vom aktuellen Album raus, dazu "Nomadic", "Brand New Hate", "Highlights", "Abandon", "Song for the Outcast", der perfekte Rausschmeißer "Minus Celsius" und viele weitere liebgewonnene alte Heldenlieder, die auch nach all den Jahren immer noch frisch nach Bier, Schweiß und Zigaretten riechen. Johan Blomquist zeigt dazu seine schönste Dee Dee Ramone Choreographie samt passendem Ornat aus Lederjacke und Jeans. Peder tänzelt immer noch schön wie höchstens Ian Paice auf seinem Kit herum und Dregen lässt seinen irren Blick beim Spielen wie eh und je durch den Saal schweifen, zuckt wild herum und lässt sich bei "Star War" auch nicht von seiner streikenden Axt aus dem Konzept bringen. Den hektischen Reparatur-Part übernimmt da offenbar gerne der Roadie. Pünktlich zum Schlußakkord tönt der Apparat dann wieder. Die vielen Angereisten erfreuen sich lautstark und dankbar an diesem Abend aus schönen Gitarren, schief gestellten Amps, einem sexy Schlagzeug, roten Leuchten drumherum und mächtig Glitzerschmuck an den vier schwer tätowierten Schweden. Hach, gibt halt so Abende, da passt alles, da schwappt der Rock'n'Roll von der Bühne, da ist sogar das Bierholen ok, bei dem man sich durch die gedrängt stehenden Mitschwitzer durchflutschen muss. Nur eins machen wir nie wieder! Künftig verzichten wir genrell auf jegliche Sekundärerfahrung eines Konzerts durch Dinge sehend, die nicht explizit für das Aufnehmen von Fotos gemacht sind. Will sagen: Keine Handys mehr beim Gig hochhalten und glauben, man könne damit Bilder machen. Nur für's Protokoll: So scheisse sieht das dann aus...
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Der Popwart
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