Kory Clarke und seine Warrior Soul, einst lautstarke Helden in den Kurt-Cobainten 90ern, teilen das Veteranenschicksal vieler alter Krieger: Die Line-Ups wechseln häufiger, Alben werden seltener, die Hallen kleiner, die Pausen zwischen den Touren größer.
Nach ihren großen Zeiten hat auch die Karriere von Warrior Soul und ihrem energetischen Mastermind in den letzten Jahren eher eine fragmentarische Form angenommen. Nach vielen personellen "Anpassungen" und ebenso vielen solistischen Ausflügen stehen heute abend Kory Clarke und seine „italian band“ (er hat die italienischen Punkrocker von The Wankerss als Warrior-Soul-Darsteller angeheuert) im holländischen Sittard rund 50 Zuschauern gegenüber. Die Plakate weisen den Abend zwar als Warrior Soul-Konzert aus, andernorts ist aber zu lesen, dass es die "Payback Is A Bitch" Solo-Tour von Kory Clarke ist. Wie auch immer, die Erwartungshaltung der offenkundig treuesten Warrior Soul/Clarke-Fans ist schnell zusammengefasst: Laut soll's bitteschön sein, schnell und mit ordentlich Attitüde. Und Bier. Was im Falle des Herrn Clarke nicht ein so großes Problem sein sollte. Und er enttäuscht nicht. Mit weissen Lederschuhen, zerschlissenen Jeans mit ordentlich Schlag und buntem Hemd röhrt sich Meister Clarke in den folgenden knapp zwei Stunden kraftvoll und überzeugend durch das Schaffen seiner Warrior Soul, den Space Age Cowboys und seinem jüngsten Solo-Album "Payback Is A Bitch".
Clarkes Stimme hat mittlerweile einen fortgeschrittenen Grad an Raureife erreicht, der besser klingt als je zuvor. Er bringt zwar nach dem Konzert im Gespräch mit den Fans kaum mehr ein vernehmbares Krächzen hervor, aber auf der Bühne ist sein „Instrument“, mit dem er all die liebgewonnenen Parolen herauskeift („We are the government!“), einer der entscheidenden Bestandteile, um aus einem Rock’n’Roll-Konzert diesen überaus erfreulichen Abend zu machen. Daneben ist es natürlich auch Kory Clarkes Erfahrung und seine Professionalität, sich auch vor 50 Besuchern so aufzuspielen, als stünde man vor 5.000 oder gar 50.000. Sein souveräner Umgang mit Störenfrieden (die scheint es auch in jedem noch so kleinen Publikum zu geben… anderes Thema) ist durchweg beeindruckend und vorbildlich. Respekt und Anerkennung dafür!
Die vier Instrumentalisten auf der Bühne liefern ihrem Chef derweil ein grundsolides Punkrock-Fundament, halten ihn aber auch beständig im Blick, um ja keine kleinen Fingerzeige und schnell zugerufene Anweisungen zu übersehen. Hübsche Vorstellung, dass es schlimmestenfalls anschließend Backstage vom Chef ordentlich Backenfutter geben könnte. Da auf der Bühne nirgends eine Setlist zu entdecken ist, liegt auch die Vermutung nahe, dass die zu spielenden Songs ebenso allein der spontanen Eingebung des Maestros am Gesangsmikro folgen. Aber die Band ist auf Zack und liefert überzeugend Songs wie „The Drug“, „Love Destruction“, „Payback Is A Bitch“, „Tokyo Girls Go Bang Bang“ oder auch „Downtown“. Überhaupt scheint nicht nur Klarheit zu herrschen, wer hier die Schlaghosen an hat, sondern auch, dass die Stimmung auf und vor der Bühne augenscheinlich sehr gut ist. Selbst ein verletzter Finger an der vielbeschäftigten Hand des Gitarristen vermag weder Tempo noch Druck aus der Musik zu nehmen, auch wenn der Blutende selbst immer wieder sorgenvoll auf das schmerzende Fingerchen schaut. Kory, Bier und Blut – Mehr Rock’n’Roll an einem Abend geht nicht.
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Der Popwart
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